Reformierte Kirche,Pfarr-und Kirchgemeindehaus
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Die Anfänge der Evangelischen im Reusstal reicht bis in die Reformationszeit zurück.
Im Jahre 1528, genau zur Mittagszeit des Berchtoldtages, betrat der damals bedeutendste Schweizer Huldrych Zwingli, Mellinger Boden. Er war mit einem Tross von rund 300 Männern unterwegs zur «Berner Disputation». Die Reisegesellschaft machte im Hirschen Halt und nahm hier in freundlich gesinnter Atmosphäre, nicht ganz ohne Störung, das Mittagsmahl ein. Danach zog man weiter über Othmarsingen, Lenzburg, wo man die kriegerische Begleitung zurückliess, weil auf Berner Boden kein Schutz mehr nötig war.
Die direkten Folgen dieser Reise, bzw. der «Berner Disputation» war, dass das Städtchen Mellingen, wie Bremgarten, St. Gallen. Diessenhofen und Frauenfeld, auf den Ostertag 1529 (27. März), ebenfalls den Übertritt zur «neuen Lehre» vollzog. Zwei Monate später wagten diesen Schritt auch die Rohrdorfer. Im Jahrzeitbuch von Wohlen wird vermerkt, dass zur gleichen Zeit die ganze Bevölkerung des unteren Freiamtes sich zum «neuen Glauben», bekannte. Mellingen war also keine Insel, sondern wurde vom Sog der Zeit mitgerissen.
Und so war es auch wieder, als Zwingli zwei Jahre später im Scharmützel von Kappel fiel und damit die Frage der «Glaubenszugehörigkeit» neu in Bewegung kam. Es waren die Ratsherren der fünf «alten Orte», die Mellingen und seiner Umgebung die Rückkehr zum «alten Glauben» aufzwangen. So war das Reussstädtchen offiziell ab dem 14. Januar 1532 wieder katholisch.
Der von «oben» erzwungene Wechsel konnte allerdings nicht alle umstimmen. Immer wieder wurde die Klage laut, dass es in Mellingen noch «Ungehorsame» und «Widerspenstige» gebe. Die «äussere» Bekehrung wurde mit harten Massnahmen erzwungen. So wurde jedermann durch Androhung von Geldstrafen zum Besuch der Messe gezwungen. Dem Rat der Stadt Mellingen wurde mehrmals der Abbruch der Ringmauer angedroht. Aber die Mellinger liessen sich Zeit und waren nicht darauf bedacht, allzu forsch an die religiöse Säuberung zu gehen. Trotzdem verliessen viele «Neugläubige» das Städtchen an der Reuss. Nur wenige blieben übrig und hielten durch.
Ob unter jenen, die 1893 einen neuen Anlauf mit dem Protestantismus im Reusstal nahmen, auch direkte Nachfahren aus der Reformationszeit waren, entzieht sich dem Betrachter. Jedenfalls ging von Pfarrer Hagnauer in Brugg in diesem Jahr eine erste Initiative zur Sammlung der Reformierten aus. Man traf sich am 8. Dezember im Löwen und wählte einen Ausschuss. Der Stadtrat bewilligte die Abhaltung von Gottesdiensten im Rathaussaal und der Synodalausschuss begrüsste die Absichten zur Gründung einer reformierten Genossenschaft.
Der 18. Februar 1894 gilt gemeinhin als der Geburtstag der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Mellingen. An diesem Tag, es war ein Sonntag, hielt Pfarrer Jakob Heiz (1879-1930) von Othmarsingen, morgens um 10 Uhr, den ersten evangelischen Gottesdienst der Neuzeit in Mellingen. Um die 70 Personen von Mellingen und der Umgebung nahmen daran teil. Wochentags erteilte Pfarrer Heiz an rund 15 Kinder Religionsunterricht. Er wurde der eigentliche Förderer der werdenden Gemeinde und geniesst bei der älteren Bevölkerung unseres Städtchens bis in unsere Tage hohes Ansehen.
Die am 4. September 1910 eingeweihte reformierte Kirche
Betrachtet man die Zahlen und spärlichen Notizen aus der Anfangszeit, so kann man den Eindruck nicht wegwischen, dass es sehr harzig von statten ging. Es mangelte nicht nur an Geld; auch der Kreis der wirklich Aktiven und Initiativen war und blieb klein. Aber diese kleine Schar liess sich nicht mehr aufhalten. Man suchte und fand Baugrund. Am 4. September 1910 konnte man auf dem 26,34 Aren grossen ehemaligen Acker in der Kleinen Kreuzzelg eine Kirche einweihen. Aber damit waren noch lange nicht alle Wünsche erfüllt. Zügig ging man daran, eine eigene Kirchgemeinde zu werden. Dazu brauchte man ein Pfarrhaus. Die Osterkollekte in der Reformierten Kirche des Aargaus von 1928. Dazu mehr als die Hälfte der Reformationskollekte von 1929 und viele kleine und grössere Gaben machten es möglich.
Der Regierungsrat erhob mit Dekret vom 8. August 1929 die reformierte Genossenschaft Mellingen zur selbständigen Kirchgemeinde. Ihr gehören Mellingen, Wohlenschwil, Mägenwil, Tägerig, Nieder- und Oberrohrdorf, Remetschwil und Fislisbach an.
Stetten kam später dazu. Am 27. Oktober 1929 wird Pfarrer Fritz Ganz, damals in Urdorf im Amt, als erster Pfarrer nach Mellingen gewählt. Er lebt heute (1994) noch, bereits 97 Jahre alt, wieder in Urdorf.
1964 konnte auf der Gemeindegrenze von Nieder- und Oberrohrdorf eine weitere Kirche eingeweiht werden. Damit teilte sich die Kirchgemeinde erstmals in Predigtorte/Gemeindeteile. Die reformierte Bevölkerung von Rohrdorf, Remetschwil und Stetten wurde nun nach Rohrdorf zum Gottesdienst eingeladen. Das konnte aber die alteingesessenen Stetter nicht daran hindern, weiterhin nach Mellingen zu pilgern. Seit 1976 besteht auch in Fislisbach ein Pfarramt, was die Dreiteilung der Kirchgemeinde zur Folge hatte. Und wenn es die Reformierten der ganzen Kirchgemeinde wollen, werden die Fislisbacher in absehbarer Zeit auch ihr eigenes Gebäude haben.
Die sehr informative Broschüre «Reformiert Mellingen», verfasst von Otto Hunziker, vergisst es nicht, bemerkenswerte Reminiszenzen zu vermitteln. So hält Pfarrer Jakob Heiz im Jahresbericht von 1922 fest, dass von Seiten der katholischen Geistlichen ein scharfer Wind blase. Pfarrer Ganz kann in seinem Bericht von 1935 festhalten, dass im Kassabuch 1894-1932 ein Betrag von 2000 Franken als Geschenk der katholischen Kirchgemeinde für den Ankauf einer Orgel figuriert.
Das Miteinander über die Konfessionsgrenzen hinweg - man sprach damals noch
nicht von «Oekumene» - war in verheissungsvollen Ansätzen also schon damals da.
Heute freuen wir uns über eine gegenseitige Akzeptanz und folgen der Erkenntnis, dass es nur noch ein Miteinander und kein Neben-, schon gar nicht ein Gegeneinander gibt, wenn wir eine glaubwürdige Botschaft an die Menschen unserer Zeit ausrichten wollen. Das heisst nicht Aufgabe der gewachsenen Tradition, sondern Wahrnehmung dessen, was «hüben und drüben» lebt und Austausch über die Vielfalt hinweg. Die Eintopf-Oekumene ist gewiss kein Ziel mehr, denn sie würde nur wieder Verluste bringen, wie sie mit der Reformation leider schon einmal da waren.
Ein anderer Aspekt beleuchtet das Register der reformierten Pfarrer im Aargau, enthalten im Band 97 der «Argovia» (Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau). Verglichen mit anderen Kirchgemeinden konnte Mellingen (inklusive Fislisbach und Rohrdorf) seine Pfarrer nie lange «halten». In den rund 65 Jahren der Selbständigkeit amteten in Mellingen sieben Pfarrer. In Rohrdorf, wo seit 1966 ein eigenes Pfarramt besteht, waren und sind es bis dato vier und in Fislisbach ist es auch schon der dritte (seit 1976 ein eigenes Pfarramt). Was die Pfarrer nach Mellingen zog und was sie veranlasste, bald einmal wieder weiter zu ziehen, ist leider wie so manches, was uns interessiert, nirgends aufgeschrieben.
Rückblickend kann man sagen, dass das Jahr 1894 voller Pioniergeist gewesen sein muss. In Paris nahm Baron Pierre de Coubertin die olympische Idee der Antike auf und rief die Olympischen Spiele der Neuzeit ins Leben. In Olten schlossen sich die Freisinnigen zur Partei zusammen und im Reusstal legten die Evangelischen den Grundstein dafür, dass heuer rund 6600 Reformierte, verteilt auf neun politische Gemeinden, gegliedert in drei Gemeindeteilen das 100jährige feiern können. Nun werden Jubiläen landauf und -ab von Institutionen und Vereinen ganz selbstverständlich gefeiert. Ob da auch eine Kirchgemeinde mittun soll, will gut und sorgfältig bedacht sein. Es ist zu fragen, welche Absichten und Ziele damit angepeilt werden. Rückschau halten ist jederzeit möglich, aber wie ist das mit dem Ausblick?
Die evangelisch-reformierte Kirchenpflege Mellingen hatte sich rund zwei Jahre vor dem fälligen Datum entschlossen, das 100jährige Bestehen nicht einfach vorüber gehen zu lassen. So stand schon früh fest, dass am nächstliegenden Sonntag zum «Geburtstag» (siehe oben) an allen Predigtorten der Kirchgemeinde Gottesdienste mit Apéro für alle Gemeindemitglieder das Jubiläumsjahr einläuten sollen. Diese fanden am 20. Februar mit erfreulicher Beteiligung statt. Daneben wurde eine Spurgruppe beauftragt, sich mit einer möglichen Gestaltung weiterer Feierlichkeiten zu beschäftigen. Dieser schwebte vor, dass es ein Feiern der gesamten Gemeinde werden soll. lm Vordergrund sollten also nicht Behörden und Institutionen, sondern die Gemeindeglieder stehen. So wurde bewusst auf eine Einladung der Körperschaften öffentlichen Rechtes mit entsprechendem Bankett etc. verzichtet. Ferner sollten die Festivitäten möglichst breit über das Jahr gestreut sein. Die Tageszeiten (Nacht, Morgen, Mittag und Abend) einerseits und die Feiertage des Kirchenjahres andrerseits boten dafür eine geeignete Grundlage. Erster Höhepunkt war die Oster-«Nacht"feier, die die Teilnehmenden einmal durch alle Teile der weitläufigen Kirchgemeinde und dazu durch die ganze Nacht, bis in den Ostermorgen «führte».
Der «Morgen» wurde im Aufwand etwas bescheidener am Auffahrtstag in Fislisbach begangen. An Pfingsten feierten wir in Mellingen den «Mittag» und am Reformationssonntag wird in Rohrdorf mit dem «Abend» der voraussichtlich letzte Höhepunkt gesetzt.
Im Zentrum dieser Feierlichkeiten standen jeweils Gottesdienste, die im urchristlichen Sinne durch gemeinsame Mahlzeiten und kulturelle Akzente ausgeweitet und vertieft wurden. Bei diesem Vorgehen wurde fleissig experimentiert und einiges riskiert. So spielte das Wetter in der Osternacht nur teilweise mit und hinderte einige daran, um Mitternacht beim Osterfeuer auf dem Boll bei Fislisbach dabei zu sein. Besondere Erlebnisse und einzigartige Erfahrungen waren die nächtliche Tauffeier in Mellingen, die anschliessende Gebetsnacht in Rohrdorf, unterbrochen durch geistliches Gespräch und Tanz und der abschliessende Ostermorgen, ausschliesslich von Frauen gestaltet. Wer dabei war, wird es nicht bereuen. Vor Abschluss kann schon gesagt werden, dass wir einen guten Weg, ganz im Sinne der Gemeinde und Gemeinschaft, eingeschlagen haben.
Zum Zeitpunkt der Berichterstattung steht ein gutes Vierteljahr noch aus. Die Spurgruppe denkt auch daran, das Jubiläumsjahr ins neue Jahr hinüber zu ziehen und bis zum 17. Februar offen zu halten, eventuell mit einem oder mehreren Gottesdiensten am 19. Februar 1995 abzuschliessen.
Der Bericht wäre unvollständig ohne jene Zeichen, die uns ganz besondere Freude bereitet haben. So wurde dem Gemeindeteil Mellingen von den katholischen Schwestern und Brüdern ein versilberter Abendmahlskelch mit Widmung überreicht, der am Bettag erstmals seinen Dienst tat.
Der Gemeindeteil Rohrdorf durfte ebenfalls am Bettag eine Osterkerze von den katholischen Geschwistern übernehmen. Sie wird nun jeden Sonntag das Licht des Evangeliums und des Einsseins in den Kirchenraum tragen.
Bild-Nr.: 08145
Bild: Mellinger Städtlichronik 1994
Text: Mellinger Städtlichronik 1994/Leonhard Merkli, Pfarrer
Copyright: Mellinger Chronik 1994
Reproduktion Architekturzeichnung:
Mellingen, Projekt reformierte Kirche, Längs- und Querschnitt
Schneider & Sidler Architekten, Baden 1909
Bild-Nr.: 08100.9
Bild: Historisches Museum Baden, Fotohaus Zipser, Q.12.1.2657, CC BY-SA 4.0
Text: Fotoarchiv-Team
Copyright: Historisches Museum Baden, Fotohaus Zipser, Q.12.1.2657, CC BY-SA 4.0
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war die Reformierte Kirchgemeinde für ihre Gottesdienste auf den Gemeindesaal im Rathaus angewiesen. Nachdem dieser häufig mit anderen Veranstaltungen belegt war, wurde der Bau einer eigenen Kirche unumgänglich. Eugen Schneider, Architekt von Ennetbaden, erhielt den Auftrag. Trotz der geringen zur Verfügung stehenden Mitteln war es möglich, dass der Architekt bei der Einweihung im Jahre 1910 der Gemeinde einen präsentablen Kirchenbau übergeben konnte. Aus Spenden und Gaben verschiedenster Stiftungen finanziert, wurde die Kirche bereits mit einem Taufstein aus Marmor, einer Glocke, einer Orgel, der Turmuhr sowie einem Schmuckrelief an der Kanzelbrüstung ausgestattet.
Zwölf Jahre später schmückte der Kunstmaler Büchli aus Lenzburg den Chorbogen mit fünf Tafeln, auf denen die vier Evangelisten und der Heilige Geist dargestellt sind.
Vom gleichen Künstler stammte das Bildnis über der Ausgangstür, das er im Jahre 1930 zum Gedenken an Pfarrer Heiz malte. Zur gleichen Zeit wurde das neue Pfarrhaus erstellt. 1933 erhielt die Kirche den in der Lehrwerkstätte Bern handgeschmiedeten sternförmigen Leuchter, für den sich die Kiichenpflege aus vier vorgelegten Entwürfen entschieden hatte.
1948 erfolgte der Einbau neuer Fenster im Kirchenschiff, dem sich in den Jahren 1949/1950 eine umfassende Innen- und Aussenrenovation anschloss. Dabei erhielt die Kirche auch die von Minna Bühler, Utzenstorf, gestalteten Chorfenster mit den klugen und törichten Jungfrauen. Der Chorraum wurde umgestaltet, erhielt ein 4 m hohes Holzkreuz und eine neue Kanzel. Die Sgraffitobilder von Büchli wurden entfernt und durch einen Schriftstreifen um den Chorbogen ersetzt. Bei der Aussenrenovation wurden der Pilaster entfernt, die Dachvorsprünge mit Aufschieblingen versehen, neue Rinnen und Einlaufbleche angebracht, das Dach neu eingedeckt und die Fassade neu gestrichen.
1957 wurde die neue Orgel von der Orgelbau AG, Genf eingeweiht.
Im Zuge einer weiteren Innen- und Aussenrenovation erfolgte 1974 ein Umbau der Kirche nach Plänen des Architekten Walter Keller, Fislisbach. Dabei wurde die Turmuhr revidiert und bekam ein neues Zifferblatt. Der Holzboden wurde durch Tonplatten und die Bänke durch 201 Stühle ersetzt. Sperrholzplatten an der Rückwand verbesserten die Akustik und die Wand erhielt eine neue Täferung. Ein durch Einbau einer Ganzglastür im Eingangsbereich gebildeter Windfang und eine neue Elektroheizung sorgten für ein wärmeres Raumklima.
Von Johannes Schober nach Aufzeichnungen von Castor Huser, Architekt
Quelle: Städtlichronik 2005 Seiten 60 - 65
Postkarte
Bild-Nr.: 08101
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Johannes Schober / Castor Huser
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Die 1894 gegründete Reformierte Genossenschaft Mellingen und Umgebung wagte sich 1909 an den Bau einer eigenen Kirche in Mellingen. Am 4. September 1910 konnte das vom Ennetbadener Architekten Eugen Schneider projektierte Gotteshaus mit ländlich barockisierenden Formen eingeweiht werden. Wie die die Antoniuskapelle, das Pendant auf der gegenüberliegenden Seite, ist die Reformierte Kirche nach Südwesten gerichtet. Rund um die Kirche wurden 1910 72 Obstbäume, drei Ahorne, vier Haselnusssträucher und 314 Thuyas zur Einfriedung gepflanzt. Die Gesamtkosten für Kirchenbau und Umgebungsarbeiten beliefen sich auf rund 59'000 Fr.
MehrDas relativ kurze Kirchenschiff wird von einem Tonnengewölbe überdeckt. Das steile zweifach geknickte Dach legt sich wie ein Zelt über den Sakralraum. Der gedrungene 25 m hohe Turm mit kegelförmigem Dach lehnt sich harmonisch ans Kirchenschiff an. Das Geläute besteht aus drei Glocken mit einem Gesamtgewicht von 1.9 Tonnen. Das Kircheninnere wurde im Laufe eines Jahrhunderts mehrmals stark verändert. Hier soll nur darauf eingegangen werden, wie sich die Kirche heute präsentiert. Wer sich für die zahlreichen Umgestaltungen interessiert, sei folgende Broschüre empfohlen: Oswald Merkli. Die Reformierte Kirche Mellingen. Mellingen 2010
(s. auch Bild-Nrn. 08104 und 08105).
Bei der Reformierten Kirche handelt es sich, was die Innengestaltung betrifft, um einen Jugendstilbau. Der Jugendstil, der an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert blühte, zeichnete sich vor allem durch die Verwendung von Ornamenten aus der Pflanzen- und Tierwelt und durch dekorativ geschwungene Linien aus. Bei den Renovationen von 1922 und 1950 wurden diese Jugendstilelemente übermalt und erst wieder bei der Renovation von 2004/05 über dem Chorbogen und einzelnen Fenstern unter den Malschichten hervorgeholt oder rekonstruiert. Noch heute ziert der handgeschmiedete sternenförmige Leuchter, der 1933 in den Lehrwerkstätten der Stadt Bern gefertigt wurde, den vorderen Teil des Kirchenschiffs, heute allerdings mit grösseren Leuchtkörpern ausgestattet. 1949 setzte man im Chor zwei Glasgemälde ein. Sie thematisieren das Gleichnis der „klugen und törichten Jungfrauen“, geschaffen von Minna Bühler von Utzensdorf. Die Nordostfassade hinter der Orgel ziert noch ein Fenster mit Glasmalereien von Georg Röttinger (1862-1913) aus der Zeit des Kirchenbaus. 1957 ersetzte man die Orgel der Firma Goll, Luzern, durch ein neues Instrument der Werkstatt „Orgelbau Genf“ mit vermehrten Registern. Bei der Renovation von 2004/05 erhielt der Chor wieder den ursprünglichen lichten Blauton. Neue Wege schlug man bei der Gestaltung des Chormobiliars ein. Anstelle der massiven Kanzel auf der rechten Seite und dem dominanten Holzkreuz in der Mitte des Chors entstand nach den Vorgaben Architekt Castor Huser, Baden, eine filigrane Ausstattung mit Abendmahlstisch, Lesepult, Beistelltisch, Taufelement und zierlich gestaltetem Metallkreuz. In Zusammenhang mit dieser letzteren Restauration realisierte man hinten an der rechten Seite des Kirchenschiffs eine in Glas gehaltene Erweiterung des Sakralraums, die aber auch separat genutzt werden kann. Über dem Eingang dieses Annexbaus schuf Stefan Link, Lenzburg, eine Darstellung des Abendmahls. Oswald Merkli erklärt: „Das kräftig leuchtende Rot symbolisiert das Feuer des Glaubens, das Abendmahl wird gezeigt mit den mattgoldenen Kreisen auf goldenem Flies.“
Zur 100-Jahrfeier des Gotteshauses 2010 schuf Kurt Meyer, Wohlenschwil, nach dem Logo von Gianna Schneeberger, Tägerig eine Eisenplastik zum Motto „Ein Schiff voller Leben“. Dieses Kunstwerk ziert die Westwand des Anbaus.
Die Reformierte Kirchgemeinde besteht heute aus drei Teilgemeinden: Mellingen (Mellingen, Mägenwil, Tägerig, Wohlenschwil; 1980 Kirchgemeindehaus), Rohrdorf (Niederrohrdorf, Oberrohrdorf, Remetschwil, Stetten: 1964 Kirche, 1992 Kirchgemeindehaus) und Fislisbach (1975 ökumenisches Kirchgemeindehaus, 1995 eigene Kirche mit Kirchgemeindehaus).
Postkarte
Bild-Nr.: 08102
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Rainer Stöckli / Online-Inventar Aarg. Denkmalpflege
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Von 1894 bis 1929 betreute Pfarrer Jakob Heiz von Othmarsingen aus die Reformierten von Mellingen und Umgebung. Deshalb wurde diesem eifrigen Seelsorger eine holzgeschnitzte Inschrift gewidmet, die sich heute auf dem Dachboden des Pfarrhauses befindet. Unter einem von Maler W. Büchli geschaffenen Bildnis stehen die Worte: "Ihrem Gründer und Pfarrer Dr. theol. Jakob Heiz. Die dankbare Kirchgemeinde. 1894-1929." Bildnis und Inschrift waren früher über der inneren Kirchentür angebracht.
1928/29 wurde nach den Plänen von Architekt Carl Froehlich in Brugg ein eigenes Pfarrhaus gebaut. So konnte man einen eigenen Pfarrer wählen. Es war dies J. Ganz von Zürich. Gleichzeitig wurde die 1894 gegründete "Evangelisch-reformierte Genossenschaft für Mellingen und Umgebung" zu einer eigenen öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchgemeinde erhoben. Ihr gehörten damals Mellingen, Wohlenschwil, Mägenwil, Tägerig, Fislisbach, Nieder- und Oberrohrdorf und Remetschwil an.
Das Pfarrhaus wurde baulich dem Erscheinungsbild der Kirche angepasst mit gleichem zweifach geknicktem Dach. Während die Obergeschosse als Pfarrwohnung dienten, wurden im Erdgeschoss die Gemeinderäumlichkeiten eingerichtet. Diese konnten ins 1980 eingeweihte Kirchenzentrum ausgelagert werden. Heute sind im Parterre die Arbeitsräume der Pfarrpersonen untergebracht.
Über die Kirche: s. Bild-Nr. 08101
Bild-Nr.: 08103.1
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Rainer Stöckli / Online-Inventar Aarg. Denkmalpflege
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Kluge Jungfrauen
1948 erfolgte der Einbau neuer Fenster im Kirchenschiff, dem sich in den Jahren 1949/50 eine umfassende Innen- und Aussenrenovation anschloss. Dabei erhielt die Kirche 1949 auch die von Minna Bühler, Utzenstorf, gestalteten Chorfenster mit den klugen und törichten Jungfrauen.
Text aus dem Matthäusevangelium über dieses Gleichnis: s. Bild-Nr. 08107
Über die Kirche generell: s. Bild-Nr. 08101
Bild-Nr.: 08108
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv-Team
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
In der Mitte dominierte eine mächtige Kanzel aus dunkelgrauem Marmor. 1922 wurden am Chorbogen die ursprünglichen Verzierungen des Jugendstils entfernt und fünf runde Sgraffitobilder angebracht. Vier davon zeigen die Evangelisten, das fünfte in der Mitte die Taube als Symbol des Heiligen Geistes.
Zeichnung von Otto Hunziker, 1954
Neu gestalteter Chor s. Bild-Nr. 08105
Über die Kirche generell: s. Bild-Nr. 08101
Literatur: Leonhard Merkli. Die Reformierte Kirche Mellingen. Mellingen [2010], S. 5-7.
Bild-Nr.: 08104
Bild: Zeichnung von Otto Hunziker
Text: Oswald Merkli / Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Törichte Jungfrauen
1948 erfolgte der Einbau neuer Fenster im Kirchenschiff, dem sich in den Jahren 1949/50 eine umfassende Innen- und Aussenrestauration anschloss. Dabei erhielt die Kirche 1949 auch die von Minna Bühler, Utzenstorf, gestalteten Chorfenster mit den klugen und törichten Jungfrauen.
Kluge und törichte Jungfrauen Matthäus 25, 1-13
(1)Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen.
(2)Aber fünf von ihnen waren töricht, und fünf waren klug.
(3)Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit.
(4)Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefässen, samt ihren Lampen.
(5)Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
(6)Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!
(7)Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.
(8)Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen.
(9)Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst.
(10)(a) Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.
(11)Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
(12)Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
(13)Darum wachet! Denn ihr wißt weder Tag noch Stunde.*
*In der späteren Überlieferung finden sich zusätzlich die Worte: »in der der Menschensohn kommen wird«
Über die Kirche generell: s. Bild-Nr. 08101
Bild-Nr.: 08107
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv-Team
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
In den Jahren 1949/50 wurde die Kirche renoviert und der Chorraum umgestaltet. Die Marmorkanzel wird entfernt und rechts durch eine seitlich angebrachte Holzkanzel ersetzt.
Im Chorbogen erscheint an Stelle der Scraffitobilder ein Vers aus der Schrift des Propheten Jesaija, in der Chormitte ein markantes Kreuz und in den Chorfenstern (s. Bild-Nrn. 08107 und 08108) die Darstellung des Gleichnisses von den klugen und törichten Jungfrauen, bemerkenswerte Werke der Glasmalerin Minna Bühler, Utzenstorf.
Zeichnung von Otto Hunziker, 1954
Gestaltung des Chors vor 1950: s. Bild-Nr. 08014
Über die Kirche generell: s. Bild-Nr. 08101
Bild-Nr.: 08105
Bild: Otto Hunziker
Text: Otto Müller / Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Über das Pfarrhaus. s. Bild-Nr. 08103.1
Über die Antoniuskapelle s. Bild-Nr. 07103
Bild-Nr.: 08116
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Über die Kirche generell s. Bild-Nr. 08101
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Bild-Nr.: 08115
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv-Team
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Nordwestfront kurz vor dem umfassenden Umbau und der Restauration der Kirche im Sommer 2004. Analog zum Dach über dem Kirchenschiff ist auch jenes der Eingangspartie geknickt.
Über die Kirche generell Bild-Nr. 08101
Bild-Nr.: 08122
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Madlen Zimmermann / Rainer Stöckli
Copyright: Viktor Zimmermann
Die Gesamtrenovation und Erweiterung von Kirchgemeindehaus und Kirche
Erläuterungen von Castor Huser, Architekt:
"Bei der Erweiterung der Ref. Kirche Mellingen stand man vor der anspruchsvollen Aufgabe, sich mit erhaltenden Massnahmen an der historischen Bausubstanz, verbunden mit einer raumschaffenden Erweiterung der Kirche zu befassen. Die gesamte Sanierung umfasste den Um- und Anbau des Kirchgemeindehauses in einer ersten Etappe sowie die Sanierung und den Anbau der Kirche in der zweiten Etappe. Planung, Ausführung und Bauleitung erfolgte durch das Architekturbüro C. Huser, Baden mit dem Bauleiter Herbert Schwitter.
1.Etappe: Renovation und Anbau Kirchgemeindehaus
Das Kirchgemeindehaus wurde um zwei Mehrzweckräume erweitert und der bestehende Jugendraum im Untergeschoss wurde vergrössert und erhielt einen direkten Zugang von Aussen. Das neue würfelförmige Bauvolumen schliesst leicht abgesetzt vom bestehenden Gebäude und der bestehenden Zugangstreppe an das Kirchgemeindehaus an. Der Zwischenraum zwischen Zugangstreppe und Anbau dient dem direkten Zugang ins Untergeschoss. Der Anbau ist absichtlich sehr schlicht gehalten und als Anbau ablesbar gestaltet. Die grossflächige Eckverglasung lässt den Anbau leicht erscheinen und bietet von den beiden Mehrzweckräumen einen schönen Ausblick auf die umgebenden Bäume.
2. Etappe: Renovation und Erweiterung Kirche
Die Bedürfnisse zur Gottesdienstfeier haben sich im Laufe der Jahre geändert. Das sich Treffen vor oder nach der Zeremonie gewinnt immer mehr an Bedeutung. Aus diesen Überlegungen gelangte die Reformierte Kirchgemeinde zum Beschluss, die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Der eingeschossige Anbau ist Eingang, Foyer, Apéro- und Begegnungsraum. Er dient zum ungezwungenen Gespräch vor und nach dem Gottesdienst sowie für verschiedene Möglichkeiten im kirchlichen Vereinsleben.
Zusammen mit dem Restaurator Stefan Link, Lenzburg wurde als Wandschmuck im Begegnungsraum die Rückwand rot gestaltet (Rot als königliche Farbe/Feuer des Glaubens) mit einem goldenen Fries, wobei die mattgoldenen Kreise symbolisch das Abendmahl darstellen.
Der Anbau ist niedrig gestaltet, um ihn gegenüber der Kirche zurücktreten zu lassen. Er ist subtil mit einer Glasschicht seitlich an die bestehende Kirche geschoben, ohne Beeinträchtigung der historischen Bausubstanz. Ein schmales, kirchenfensterhohes Glasband bildet den Übergang zwischen Anbau und Kirche, wobei die Ablesbarkeit der Kirchenfassade weiterhin von Innen wie Aussen möglich ist. Der Eingangsbereich ist von beiden Seiten durch eine raumhohe Glasfront gestaltet. Die beidseitige Frontverglasung verleiht dem Anbau Offenheit und Transparenz gegenüber der Kirche und dem Vorplatz.
Der neue Zugang zum Kirchenschiff erfolgt über zwei Türen, wobei die Türzargen im Bereich der Kirchenfenster durch die Brüstung und den unteren Fensterteil eingeschoben sind. In der Breite sind beide Durchgänge absichtlich schmaler als die lichte Breite der Fenster ausgebildet, damit die ursprünglichen Fenster trotz der neuen Durchgänge ablesbar bleiben. Die massive, geschlossene Nebenraumschicht mit Lift und WC-Anlage definiert den Abschluss gegen den Pfarrhausgarten und unterstützt die Orientierung des Begegnungsraumes zur Kirche.
Bei der Renovation des Kircheninnern wurde der Tonplattenboden entfernt und der gesamte Bodenaufbau mit Isolation, Unterlagsboden und Bodenheizung erneuert. Als Bodenbelag wurde wieder ein Natursteinboden aus Juramarmor verlegt. Die Kirchenfenster sind durch eine neue vorgesetzte Isolierverglasung wärmetechnisch verbessert worden. Die Turmtüre wurde wieder an ihren originalen Standort versetzt und führt heute wieder direkt in das Turmtreppenhaus. Die räumlich unschönen Bauteile im hinteren Bereich, wie der verglaste Windfang, WC-Anlage und Treppenverkleidung wurden entfernt und so eine räumliche Vergrösserung des Kirchenschiffes erreicht. Anhand von freigelegten Farbfragmenten und Ornamenten wurde die ursprüngliche Ornamentmalerei am Chorbogen wieder neu aufgemalt und an den Wänden im Schiff farblich abgestimmt, zurückhaltend ergänzt. Der Chor wurde wieder im ursprünglichen Blauton gefasst, um ihm optisch mehr Tiefe und Bedeutung zu geben (Blau als Farbe des Himmels/Paradies).
Die Aussenrenovation der Kirche beinhaltet die Sanierung von Rissen und die Behebung von Feuchtigkeitsschäden im Sockelbereich. Sämtliche Dächer wurden kontrolliert und partiell geflickt. Erneuert wurden vor allem die noch vorhandenen Spenglerarbeiten aus Eisenblech. Die gesamte Kirche inkl. Turm wurde wieder aufgrund der Farbuntersuchungen in den ursprünglichen Farbtönen neu gestrichen. Die Architekturgliederung wurde grau abgesetzt vom Wandton in hellem Rosa."
Bild-Nr.: 08121
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Castor Huser, Städtlichronik 2005
Copyright: Viktor Zimmermann
Dieses Bild hat Robert Höhener im März 2006 aufgenommen. Bei seinen Recherchen in Google fand er folgenden Eintrag: "Ein drittes Schneechaos im frost- und schneereichen Winter 2005/2006 gab es um den 4. März 2006 ...".
Bild-Nr.: 08120
Bild: Robert Höhener
Text: Robert Höhener
Copyright: Robert Höhener
Zur Geschichte der Kirche
1894 gründeten die reformierten Einwohner aus Mellingen, Mägenwil, Wohlenschwil, Tägerig,
Fislisbach, Stetten, Remetschwil, Ober- und Niederrohrdorf die «Evangelisch-reformierte Genossenschaft für Mellingen und Umgebung". Mit Unterstützung des Othmarsinger Pfarrers Heiz wurde 16 Jahre später der Traum einer eigenen Kirche verwirklicht:
Ein Grundstück gegenüber der Antoniuskapelle schien für den Bau geeignet, und dank Spenden
aus der schweizerischen Reformationskollekte und der benachbarten Kirchgemeinden konnte
am 4. September 1910 die Evang. -ref. Kirche Mellingen eingeweiht werden. Von 1922 bis 2005
erlebte die Kirche einige Renovationen und Veränderungen, wobei die Ietzte wieder möglichst nah an den Originalzustand von 1910 anknüpfen sollte, gleichzeitig aber einen Anbau an der Westseite realisierte.
Motto und Allgemeines zum Jubiläumsiahr
Im Jahr 2010 feierte die Evang. -ref. Kirche Mellingen also ihr 100-Jahr-Jubiläum, und es wurde
ein intensives und vielfältiges Jubiläumsjahr.
Schon im Vorfeld waren in der Gemeinde Vorschläge zur Gestaltung dieses Jahres gesammelt worden, und das Organisationskomitee unter der Leitung von Präsident Sigwin Sprenger konnte
dank der Mithilfe zahlreicher Mitarbeitender erstaunlich viele der Ideen umsetzen. Im
Jubiläums-Motto «Unser Schiff ist voller Leben» wurde deutlich, dass die Evang. -ref. Kirchgemeinde Mellingen mit ihrem «Kirchen-Schiff» schon einiges erlebt hat, aber auch weiterhin mit frischem Wind unterwegs sein möchte. Aus dem Motto wurden von Gianna Schneeberger ein besonderes Logo und von Debora Schweizer ein Jubiläumslied kreiert, die das ganze Jubiläumsjahr begleiteten. Eine
ausführliche Festschrift zur Geschichte der Kirche wurde für November 2010 geplant.
Bild-Nr.: 08146
Bild: Bettina Lichtler/Mellinger Chronik 2010
Text: Bettina Lichtler/Mellinger Chronik 2010
Copyright: Bettina Lichtler/Mellinger Chronik 2010
Den Auftakt des Jubiläumsjahres bildete am 1.-5. Januar ein Mitarbeiteressen der besonderen Art im Evang. -ref. Kirchgemeindehaus: «Willkommen an Bord» hiess es in Anlehnung an das Jubiläumsmotto. Aktuelle und langjährige ehemalige Mitarbeitende waren eingeladen, hatten aber an
Bord auch einige Aufgaben zu erfüllen, denn ohne Mann- und Frauschaft bleibt ein Schiff im Hafen stecken. Von Matrosen, Stewards und Bordkapelle bis zur Bordärztin und einem blinden Passagier gab es viel zu tun und zu lachen. Das speziell abgestimmte Menü hatte sogar einen Leuchtturm, und von Bullaugen bis Schifferknoten fehlte es an nichts. Einer der Logbuchschreiber notierte am Ende des Abends: «Die schöne Abendrundfahrt nähert sich dem
Ende; das Schiff läuft wieder in den Hafen ein, die Schiffskapelle (Schifferklavier) spielt zum Abschied», und dankt für den «spannenden, anregenden Jubiläumsabend».
Das ganze Jahr über erinnern besondere Fahnen am Weg zur Kirche hinauf an das Jubiläumsjahr: Unterrichtsklassen, KinderKirche-Gruppen und Kleinkinderfeier-Teilnehmende aus der ganzen Evang. -ref. Kirchgemeinde Mellingen haben je eine solche Fahne gestaltet und auf besondere Weise zum Jubiläum beigetragen.
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Bild: Bettina Lichtler/Mellinger Chronik 2010
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In den 100 Jahren ihres Bestehens stand die Evang. -ref. Kirche Mellingen als Versammlungsort für Gläubige nie einfach alleine da: In der Nachbarschaft zur Stadtkirche St. Johannes musste sie zunächst ihren Platz behaupten, bis eine gute Ökumene wachsen konnte, Freikirchen wurden in
der näheren Umgebung gegründet, schliesslich wurde sogar an der gleichen Strasse eine Neuapostolische Kirche gebaut.
Im Jubiläumsjahr fand deshalb eine Veranstaltungsreihe statt, in der die Evang. -ref. Kirchgemeinde Mellingen anderen Glaubensgemeinschaften begegnen durfte, die mit ihr nachbarschaftlich verbunden sind. Am 10. Januar erlebte eine Delegation der Gemeinde in Baden einen Gottesdienst in der Christ International
Church - CIC, die vom Mellinger Ehepaar Osoko geleitet wird. Menschen verschiedener
Herkunftsländer und Hautfarben finden sich dort mit Schweizerinnen und Schweizern zu einem bewegten, mit viel Perkussion und Gesang gestalteten Gottesdienst zusammen, manchmal auch
mit Teilnehmenden aus Mellingen. Am 11. Mai wurde den Reformierten in der Stadtkirche
St. Johannes von den Seelsorgern all das Katholische erklärt, was sie schon oft gesehen und gehört, aber vielleicht nie wirklich verstanden hatten. Das «katholische ABC für Reformierte» stiess auf grosses Interesse und wurde von Walter Schärli, Guido Ducret und Markus Vögtlin spannend und abwechslungsreich präsentiert.
Am 29. August besuchte eine Gruppe der Evang. -ref. Kirchgemeinde einen Gottesdienst der Freikirche «Forum C» in Busslingen. Einige Mitglieder fühlen sich zu beiden Kirchen hingezogen, manche sind schon hin- und hergependelt. Die offene Begegnung im Gottesdienst und im anschliessenden Gespräch war für beide Seiten ein grosser Gewinn. Am
23. November wurde als vierte und letzte Begegnung des Jahres zu einem Besuch in die Neuapostolische Kirche in Mellingen eingeladen.
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An Pfingsten fand das grösste Ereignis im Jubiläumsjahr statt: 3Tage lang dauerten die Festlichkeiten und waren mit enormem Aufwand verbunden. Durch Wetterglück belohnt, feierten rund 600 Menschen von Freitagabend bis Sonntagnachmittag. Der Ad-hoc-Chor trug mit Gesang schon am Freitag die Feierlichkeiten hinaus ins Alterszentrum im Grüt und ins Einkaufszentrum. Im Festzelt wurde mit Musik und Anekdoten auf das Jubiläumsjahr angestossen. Am Samstag boten ein Kinderkonzert von Roland Zoss sowie ein vielfältiges Spielangebot mit Hüpfkirche und vielen vom Cevi Fislisbach betreuten Posten ein verlockendes Programm für Familien, das gerne genutzt
wurde. Zuvor hatte der Cevi selber vor der Kirche sein 30-Jahr-Jubiläum begehen können.
Im «Markt der Möglichkeiten» stellten sich Partnerorganisationen der Evang. -ref. Kirchgemeinde vor, die auf vielfältige und engagierte Weise «Unmögliches möglich machen», um Menschen zu helfen. Eine Tombola mit attraktiven Preisen unterstützte eine Kirchenoase in der Berliner Stadtwüste. Zahlreiche musikalische Darbietungen und kulinarische Höhenflüge sorgten dafür, dass es viel zu hören und zu sehen, zu schmecken und zu geniessen gab. Der festliche Jubiläumsgottesdienst wurde vom Ad-hoc-Chor begleitet, gleichzeitig gab es für die Kinder im Festzelt einen
Kindergottesdienst mit der Handpuppe Adonette. Zum Abschluss des gelungenen Pfingstfestes wurden 100 Ballone in den blauen Himmel entsandt, mit vielen guten Wünschen für die Zukunft der Kirche.
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Im ökumenischen Gottesdienst zum Bettag am 19.9. war die Stadtkirche St. Johannes in Mellingen zum Bersten voll, und ein grosser Chor aus Unterrichts- und Kinderkirche-Kindern zusammen mit dem Kirchenchor St. Johannes Mellingen sorgten dafür, dass die ca. 320 Gottesdienstbesucher auch
mit neueren Liedern schnell vertraut werden konnten. Zum Thema «Beten - bringt's das?» hatten die Handpuppen Fritzli und Julia einige Fragen zu diskutieren, die der Jüngeren wohl bekannt vorkamen und auch Ältere zum Schmunzeln brachten, bevor dann die Geschichte des Propheten Elia und seiner Gebete anschaulich erzählt wurde.
Bei strahlendem Wetter machten sich Grosse und Kleine dann auf den Weg zur Evang. -ref. Kirche und hatten unterwegs an verschiedenen Posten so manche Frage zur Mellinger Ökumene zu beantworten. Eine originelle Auswertung und der Empfang zum Apéro durch die
Kath. Kirchenpflege und Diakoniegruppe bei Klängen der Stadtmusik Mellingen sorgten allseits für gute Laune. Über 200 Leute wurden im ref. Kirchgemeindehaus mit Spaghetti verpflegt und anschliessend zu einem aussergewöhnlichen Spielprogramm eingeladen, welches immer wieder auf ökumenische Anlässe hinwies. Viele strahlende Gesichter zeigten dem Vorbereitungsteam und den jugendlichen und erwachsenen Helfern am Ende des Nachmittags, dass dieser Anlass als ökumenischer Meilenstein und zugleich als weiterer Höhepunkt im Jubiläumsjahr «100 Jahre Evang. -ref. Kirche Mellingen» verbucht werden kann.
Churchparty
Der grosse Jugend-Anlass im Jubiläumsjahr war die Churchparty am 25. September, die von der Zürcher Jugendkirche streetchurch mit organisiert wurde. Dank der engagierten Mithilfe des CEVI und der Jugendgruppe Churchclub wurde sie für viele zu einem eindrücklichen Erlebnis. Der Abend begann mit einem RnB- und Hip-Hop-Konzert der streetchurch in der Evang. -ref. Kirche. Nach
einer Stärkung ging es weiter mit verschiedenen Workshops. Die 120 Jugendlichen hatten die Möglichkeit, am Beauty-Workshop ihre natürliche Schönheit zu pflegen und mit Tipps und Tricks noch zu betonen, beim Pokern ihr Glück im Spiel herauszufordern oder einen Tanz-Workshop
zu besuchen. Viele Jugendliche hörten aber auch im vierten Workshop gebannt zu, was Gefängnisseelsorger Markus Giger von der streetchurch und drei Ex-Häftlinge über ihr Leben und Arbeiten im Gefängnis und über ihren Weg zum Glauben zu erzähIen hatten. Danach kamen dann die «Schönen», die «Reichen», die «Nachdenklichen», und die
«Tänzer» wieder zusammen, um in der Disco die Party
noch in vollen Zügen zu geniessen.
Schlusspunkt
Am Wochenende vom 6./7. November stand die Geschichte der Evang. -ref. Gemeinde Mellingen und ihrer Kirche im Zentrum. Mit einem Vortrag von Pfr. Leonhard Merkli, einem speziell produzierten Film mit Interviews älterer Gemeindemitglieder und einer kleinen Ausstellung wurde die lokale Geschichte gewürdigt. Eine Reformationsmatinée mit Musik der Geschwister Frei aus Tägerig und ein Vortrag von Prof. Dr. Ralph Kunz (Universität Zürich) zum Thema «Reformiert sein heute» rundeten den Ietzten Grossanlass des Jubiläumsjahres ab.
Der enorme Einsatz für dieses intensive Jahr hat sich auf jeden Fall gelohnt: Das vielfältige Programm für alle Generationen sprach viele Leute an und machte das Motto des Jubiläumsjahres sichtbar: Unser Schiff ist voller Leben!
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