Pfarrer Richard Bopp 1885 - 1956, Rainer Stöckli
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Richard Bopp war Seelsorger von Mellingen von 1916 - 1956
«Es war eigentlich bedauerlich, dass er sich in seinem Testamente eine Trauerrede strikte verbat, es wäre Sonne genug dagewesen, sein Lebensbild zu vergolden.» Dies schrieb anlässlich von Pfarrer Bopps Tod ein Priesterfreund in die «Schweizerische Kirchenzeitung». Nun, beinahe 40 Jahre nach seinem Tod, da viele Wunden vernarbt und geheilt sind, möchte ich dieser edlen Aufgabe nachkommen. Ich bin mir zwar voll bewusst: meine Biografie wird nicht überall auf ungeteilte Zustimmung stossen, hatte doch Pfarrer Bopp in Mellingen nicht nur Freunde. Sein ungestümes Temperament und seine zum Teil unnachgiebige Haltung bescherten Richard Bopp ım Städtchen viel Opposition, an der er oft fast zerbrach. Je länger ich mich aber mit dieser Priesterpersönlichkeit auseinandergesetzt, mich mit verschiedenen betagten Mellingern über diesen Seelsorger stundenlang unterhalten und zahlreiche Dokumente studiert habe, um so mehr gelange ich zur Überzeugung: Pfarrer Bopp war trotz seiner Ecken und Kanten ein gütiger Mensch, eın seeleneifriger Priester und eine Person von hohem geistigem Niveau. Mellingen hat Richard Bopp ungewöhnlich viel zu verdanken! Und so
will ich mich nach dem Motto «De mortuis nihıl nisi bene» (über Tote soll man nur Gutes sprechen) an den Versuch heranwagen, «sein Lebensbild zu vergolden».
Hauptgrundlage dieser Lebensbeschreibung sind Erinnerungen einer betagten Mellingerin, die noch ein Schulkind war, als Pfarrer Bopp seine Pastoraltätigkeit in unserer Gemeinde aufnahm, und bei dessen Tod selber Mutter von vier Kindern war. Aus ihren Worten spricht derart viel Begeisterung und tiefe Dankbarkeit, die aufhorchen lassen und beinahe Verpflichtung sind, den Schlusspunkt zu diesen kirchengeschichtlichen Arbeiten zu setzen.
Vorerst aber wollen wir die wichtigsten Lebensstationen und -daten Pfarrer Bopps festhalten, um dann auf seine spezifische Tätigkeit als Pfarrer von Mellingen einzugehen. Richard Alois Bopp wurde am 11. Juni 1885 als ältestes Kind von Malermeister Johann Christoph Bopp und der Berta geb. Meier in seinem Heimatort Wettingen geboren. Seine beiden Schwestern traten ins Kloster Menzingen ein, sein Bruder Josef wirkte jahrzehntelang als Lehrer und begabter Theaterregisseur ın Wettingen. Es war für den sechsjährigen Richard ein ungewöhnlich harter Schlag, als 1891 sein Vater, von dem er nicht zuletzt die musische Ader ererbt hatte, in seinen besten Mannesjahren ‚starb. Seine Mutter verheiratete sich ein zweites Mal; es kamen noch vier Halbgeschwister hinzu. Doch seit dem Ableben seines Vaters konnte Richard in seiner Familie nie mehr richtig Tritt fassen. Diese eher tragische Jugendzeit prägte Richard stark und erklärt möglicherweise eine gewisse Unerbittlichkeit, die Pfarrer Bopp in späteren Jahren hin und wieder an den Tag legte. Nach Absolvierung der obligatorischen Schulzeit verliess Richard sein Elternhaus und trat ins Kollegium St. Michael in Zug ein. Da der junge Student den Wunsch äusserte, Priester zu werden, wechselte er ins Kapuzinerkollegium Stans über. Dort wirkte sein Onkel P. Gertulius Bopp als Lehrer und wurde dem Gymnasiasten ein väterlicher Freund: erst hier habe er, wie Richard Bopp ın seinem Lebenslauf schrieb, sich selbst wieder gefunden. Die letzten zwei Jahre der Mittelschul-
zeıt verbrachte er an der Stiftsschule Einsiedeln, wo er 1908 die Maturitätsprüfung ablegte. Im selben Jahr trat er ins Priesterseminar Luzern ein.
Hier gründete der musikalische Theologe bald ein mit 18 Instrumenten besetztes Orchester, in dem er seine geliebte Trompete blies. Zwei Jahre seines Theologiestudiums absolvierte der nachmalige Mellinger Pfarrer an der Universität Freiburg im Breisgau. Dieser Aufenthalt an einer Hochschule erweiterte seinen geistigen Horizont äusserst stark.
Am 14. Juli 1912 wurde Richard Bopp zum Priester geweiht, und kurz darauf feierte er im Kloster Menzingen, der Heimat seiner beiden Schwestern, die Primiz. In die praktische Seelsorge führte ihn der legendäre Pfarrer von Rohrdorf und nachmalige Dekan des Dekanates Baden, Burkard Senn, ein. Bloss drei Jahre wirkte Richard Bopp als Kaplan am Rohrdorferberg.
1916 wählten ihn die katholischen Stimmbürger von Mellingen zu ihrem Pfarrer. Ganze vierzig Jahre hielt Richard Bopp dem Reuss-Städtchen die Treue; dieses lange Verweilen mag aus heutiger Sicht verwundern; denn Pfarrer Bopp erlebte — wie gesagt - in Mellingen nicht nur eitel Freude. Mit gewisser Verbitterung meint er in seinem Lebenslauf, noch selten habe ein Pfarrer für alles Schaffen und Gutmeinen soviel Verkennung und Undank wie er geerntet. Trotzdem blieb er, obwohl ihm mehrmals verlockende Berufungen angetragen wurden, vier Jahrzehnte seinem Mellingen treu. In dieser Haltung offenbart sich echte christliche Grösse!
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Richard Bopp war ein tiefreligiöser Mensch. Nichts war ihm für die Verherrlichung Gottes und seiner Heiligen zu viel. Grossen Wert legte er auf die feierliche Gestaltung der Gottesdienste und auf die Verkündigung von Gottes Wort. Der Pfarrer war ein ausgezeichneter Prediger. Besonders eindrücklich gestaltete er die Karwochenpredigten, zu denen das gläubige Volk von weither in die Stadtkirche strömte. Dem gewandten Rhetoriker fiel das Sprechen derart leicht, so dass sich die sonntäglichen Gottesdienste manchmal etwas gar in die Länge zogen und der Seelsorger von der Kirchenpflege gebeten wurde, das Hochamt nicht länger als fünf Viertelstunden dauern zu lassen.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Pfarrer Bopp legte grossen Wert auf schöne liturgische Gewänder. Um diese zu unterhalten, gründete er den Paramentenverein.
Im Religiösen war Pfarrer Bopp irgendwie‚ ein noch ım Barocken verhafteter Mensch. Er wusste, dass Religion nicht nur den Verstand, sondern auch das Gemüt und die Sinne — Auge und Ohr — ansprechen sollen. Er verstand es, einen Gottesdienst in echt barocker Manier zu einem «Gesamtkunstwerk» zu gestalten. Neben dem Wort Gottes war ihm der Kirchengesang und prunkvolle liturgische Gewänder eın tiefes Anliegen. So gründete er denn den Paramentenverein, dessen Mitglieder die Messgewänder, die Kleider der Ministranten und die Altartücher ın Ordnung hielten. Als hochmusikalischem Menschen lag ihm Kirchenmusik und -gesang sehr am Herzen. Recht bald wurde der bisherige Kirchenchor aufgelöst, was jedoch in der Pfarrei heftige Turbulenzen auslöste. Doch Richard Bopp setzte sich durch, und der neue Chor wurde 1920 seinem Präsidium unterstellt. Jahrelang dirigierte er den Chor selber, und insbesondere bei Andachten begleitete er den Kirchengesang mit der Orgel. In
seiner dynamischen Art konnte er auch recht viele junge Sänger und Sängerinnen für den Chor gewinnen, der praktisch jeden Sonntag im Hochamt ım Einsatz stand. An hohen Festtagen, z. B. an Johanni (24. Juni), dem Patrozinium, engagierte er sogar Orchester von Baden und Zürich, so dass solche Gottesdienste zu echten kulturellen
Ereignissen ım Städtchen wurden. Richard Bopp war es übrigens auch, der beim Gemeinderat erwirkte, dass Johanni wieder zum offiziellen Feiertag erklärt wurde.
Damit auch die Beerdigungsgottesdienste würdig gefeiert werden konnten, bildete Pfarrer Bopp, da der Kirchenchor an Werktagen nicht vollzählıg war, einen eigenen Kinderchor, der das Requiem sang. Dieser Einbezug von Schulkindern ın das Geschehen des Todes mag bei den Jugendlichen Sängern weit mehr als viele Worte das
Verständnıs für die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens geweckt haben. Ganz allgemein war Pfarrer Bopp das Andenken an die Toten und das sich Besinnen auf den eigenen Tod ein tiefes Anliegen. Der Guttodbruderschaft verhalf er zu neuer Blüte. Jeden ersten Sonntag im Monat wurde um 1 Uhr mittags die auch von auswärts häufig
besuchte Guttodbruderschaftsandacht, in deren Mittelpunkt eine markante Predigt stand, gefeiert.
Die Gottesdienste des temperamentvollen Geistlichen, bei denen neben Predigt und Gebet der Gesang eine wichtige Rolle spielte, sprach das Volk auch aus den umliegenden Dörfern stark an, so dass die Kirche nicht selten zu klein war und die Kinder manchmal im Hochamt zum Teil auf den Stufen der Nebenaltäre oder gar auf der
Kanzeltreppe sitzen mussten. Am Dienstag und Freitag fanden jeweils ım Sommer um 6 Uhr und ım Winter um 7 Uhr eigene Jugendgottesdienste statt, bei denen der Pfarrer eine genaue Absenzenkontrolle führte und die Abwesenden danach ım Religionsunterricht befragte, weshalb sie den Gottesdienst nicht besucht hätten. Richard Bopp forderte wie ein Offizier viel von sich selbst ab, erwartete dies aber auch von seinen ihm Anbefohlenen.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Dieser vielleicht etwas militärische Ton — so verlangte er beim Beten ein flüssiges und exaktes Sprechen - mag die einen begeistert, den andern wohl nicht immer behagt haben. Doch lassen wir unsere bald neunzigjährige «Chronistin» selber sprechen:
Diese Gottesdienste sind «eine so gute Erinnerung, die mir in jungen Jahren gegeben worden ist, und diese bleibt mir bıs ans Lebensende erhalten; ... gerne in die Kirche
gehen und Gottesdienste miterleben, das ist doch wunderbar. Wir Kinder empfanden dies nie als Zwängerei.»
Lassen wir diese Worte im Raum stehen und fragen wir bloss: Kirche Gottes, wo steht deine Jugend heute? Neben den Gottesdiensten und dem Religionsunterricht ın der
Schule wurden die Erst- und Zweitklässler am Sonntagvormittag noch zusätzlich eine Stunde lang durch die Unterstufenlehrerin Sophie Wassmer und später durch Hedwig Weiss religiös unterwiesen und nicht zuletzt in die biblische Geschichte eingeführt. Von der dritten Klasse an besuchten alle Jugendlichen sonntags von 13.00 bis 14.00 Uhr die vom Pfarrer gestaltete Christenlehre, und dies bis zum 18. Lebensjahr!
Pfarrer Bopp war auch ein grosser Kunstfreund.
Feierliche Gottesdienste sollten auch in kunstvoll hergerichteten Räumen stattfinden. So ergriff er recht bald als glühender Antoniusverehrer die Initiative, die arg verlotterte Antoniuskapelle zu restaurieren. In wenigen Jahren trug Richard Bopp über 20 000 Fr. zusammen, so dass 1923 die Erneuerung der Kapelle, ohne dass dadurch die Kirchgemeinde finanziell stark belastet worden wäre, an die Hand genommen werden konnte. Die Antoniusstatue der Mellinger Künstler Franz Xaver und Kaspar Josef Widerkehr kehrte nach rund 60jährigem Exil vom Altersheim wieder an ihren angestammten Platz auf den Altar des Kirchleins zurück. Noch heute trauern manche
Gläubige den links und rechts des Altars auf Betreiben von Richard Bopp angebrachten Hochreliefs mit Szenen aus dem Leben des hl. Antonius nach. Diese von Alois Peyer und Franz Wipplinger geschaffenen Werke wurden anlässlich der letzten Restauration 1983 wieder entfernt. Jede Woche las der Pfarrer die Heilige Messe in «seiner» Kapelle, und die Antoniusnovenen, die Jeweils im Juni in der Kapelle stattfanden, gehörten gleich wie die Fastenandachten vor Ostern, die Maiandachten zu Ehren der Muttergottes, die Pfingstnovenen und die Rosenkranzandachten im Oktober zum festen Bestandteil des kirchlichen Lebens von katholisch Mellingen.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Pfarrer Bopp führte regelmässig Volksmissionen durch, so 1927 von Palmsonntag bis Ostern. Geleitet wurden diese von Franziskanerpatres.
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Bild: 950 Jahre Kirche Mellingen
Text: 950 Jahre Kirche Mellingen,Rainer Stöckli
Copyright: 950 Jahre Kirche Mellingen,Rainer Stöckli
Auch der durch die klassizistische Umgestaltung des letzten Jahrhunderts eher nüchtern wirkenden Pfarrkirche versuchte der Pfarrer etwas mehr Feierlichkeit zu verleihen. Am Tabernakelgehäuse liess er weisse und blaue Trauben aus Muranerglas, welche sich elektrisch erleuchten liessen, anbringen. Die Gebeine der Heiligen Hilaria auf
dem linken Seitenaltar wurden in neue Gewänder gekleidet.
Ein echtes Stück Volksfrömmigkeit verkörperte das von Kunstmaler Georg Troxler geschaffene monumentale Deckengemälde Johannes’ des Täufers über dem Kirchenschiff.
Alle diese künstlerischen Ausstattungen, die Richard Bopp mehrheitlich auf privatem Weg finanzierte, überlebten den Seelsorger keine 20 Jahre. Im Rahmen der Restaurierung 1970 / 72 entschloss man sich, der Kirche das klassizistische Gepräge des 19. Jahrhunderts zurückzugeben und beinahe alle Zutaten unseres Jahrhunderts zu entfernen. Volksfrömmigkeit und kunsthistorIische Ansichten gehen oft andere Wege. Doch hatte Pfarrer Bopp noch weitere Pläne, die nie realisier wurden: Der Bildhauer Hans Trudel, der, bevor er nach Baden zog, um 1920 ın der Widenmühle (heute Firma Haller) sein Atelier aufgeschlagen hatte, anerbot sich, unentgeltlich eineÜbermanns-grosse Johannesstatue, die er neben der Kirche zu plazıeren wünschte, zu schaffen. Die Kirchgemeinde hätte nur den Transport und das Aufstellen der Skulptur finanzıeren müssen. Doch führte Trudel diesen Plan nıe aus. Der hiefür bestimmte mehrere Meter lange Steinblock lag noch jahrelang neben der Widenmühle. Auch das Vorhaben Richard Bopps, die Wände des Kirchenschiffs ähnlich wie in Niederwil mit Heiligenfiguren zu zieren, verlief ım Sande.
Doch der Seelsorger war nicht nur ein kunstfreudiger, sondern auch praktisch veranlagter Mann: So liess er in den dreissiger Jahren das Kirchengeläute elektrifizieren. Auch hiefür mussten praktisch keine Steuergelder aufgewendet werden.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Das sicherlich grösste Verdienst Rıchard Bopps war jedoch die Umgestaltung des verlotterten Gebäudes an der Kleinen Kirchgasse, das früher als Gerberei gedient hatte, zum Vereinshaus. Er liess unter grossem finanziellem Aufwand diese Baute um 1920 von Baumeister Cetti zu einem elgentlichen Pfarreizentrum ausbauen, ohne aber
damit Steuergelder der Kirchgemeinde zu benötigen. Doch ‚wie konnte aber der Pfarrer diese enorme finanzielle Last tragen? Wie bereıits erwähnt, hatte Richard Bopp eine ausgeprägte künstlerische Ader: so war er eın hochbegabter Theaterregisseur. Kaum ın Mellingen, inszenierte er ım Kronensaal die ersten Stücke. Der Erlös
dieser Veranstaltungen wurde zur Finanzierung des Vereinshauses herangezogen. Aber auch die Einnahmen als Wallfahrtsleiter und später als Kurpfarrer von Bad Ragaz flossen zum Teil ins Vereinshaus und in andere gemeinnützige Werke Mellingens und weiterer Institutionen. Doch von diesen Tätigkeiten später. Es sei aber hier
festgehalten: Nur Gott ıst bekannt, wie viele 10 000 Franken Pfarrer Bopp durch Sammelaktionen und eigene Tätigkeit ın die verschiedenen religiösen, sozialen und kulturellen Werke Mellingens steckte. Der Pfarrer hatte eine äusserst freigebige Hand. Und als er 1956 verstarb, hınterliess er praktisch keine finanziellen Mittel.
Doch nun zurück zu Regisseur Richard Bopp.
Als erstes mag sich unsere Berichterstatterin an ein Bruderklausenspiel erinnern, das ım Kronensaal aufgeführt wurde und an dem sie als Schulkind selber mitwirken durfte. Es war noch kein Theaterspiel ım eigentlichen Sınn, sondern es wurden verschiedene Szenen aus dem Leben von Bruder Klaus durch Erwachsene und Kinder dar-
gestellt, ohne dass dazu gesprochen worden wäre. Währenddessen sang der Chor des Arbeiter- und Arbeiterinnenvereins passende Lieder. Doch bald wurden diese Bilder lebendig, und Pfarrer Bopp begründete, v. a. als dann das Vereinshaus bezogen werden konnte, eine eigentliche Theatertradition, die weitherum Beachtung fand.
Beispielsweise führte er mit den Kindern das «Lied von Bernadette» auf. Wenn auch manche nur als Statisten mitwirken konnten, war es - wie man heute sagen würde — für die Jugendlichen eın Ereignis, kreativ tätig sein zu dürfen. Und es war Ja nicht nur Spiel! Pfarrer Bopp verlangte von allen Laienschauspielern eine deutliche Aussprache.
Und diese Sprachschulung kam den Schülern insbesondere wieder in den sprachlichen Fächern zugute. Über dieses Theaterleben im Vereinshaus liesse sich ein eigener grösserer Artikel schreiben: über die gefühlsbetonten Weihnachtsspiele oder die zahlreichen Märchenspiele wie das «Blondelfchen» und das «Zauberglöcklein». Unsere Chronistin konnte uns davon mit leuchtenden Augen köstliche Einzelheiten erzählen, kulturelle Ereignisse, die vor 70 Jahren über die Bretter der Vereinshausbühne gingen! Als man in Wettingen, wo des Pfarrers Bruder Josef ebenfalls eine bedeutende Theater- und Operettentradition aufbaute, wegen Umbau des Saals kein Stück einüben konnte, half Mellingen mit seinem «Blondelfchen» aus. Die Kulissen wurden mit Ross und Wagen ins Limmattal transportiert, und die Mellinger Theatergruppe heimste im Lägerndorf grosse Anerkennung ein. Die beiden theaterspielenden Brüder leiteten so eınen regelrechten Kulturaustausch zwischen den beiden Gemeinden ein. Eine Anzahl Mellinger besuchte regelmässig die Aufführungen ın Wettingen und die Limmattaler erfreuten sich an den Theaterdarbietungen im Reuss-Städtchen. Aber
auch Auswärtige genossen mit ihren Darbietungen Gastrecht in Mellingen. So beeindruckte 1925 eine deutsche Theatergruppe mit dem Stück «Jedermann» in einer Freilichtaufführung zwischen Kirche und Vereinshaus die Bevölkerung.
Doch war das Vereinshaus, wie es der Name besagt, vor allem als Treffpunkt der Vereine gedacht. Richard Bopp war ein grosser Förderer dieser Institutionen, die er zum Teil gründete oder zu neuem Leben erweckte. Neben dem bereits erwähnten Kirchenchor und dem Paramentenverein waren dies u. a. die Marianische Kongregation, der Arbeiter- und Arbeiterinnenverein und der Mütterverein. Da er zudem bemerkte, dass sich in Mellingen als Gewerbezentrum recht viele Handwerksburschen und Lehrlinge aufhielten, gründete er den Jünglingsverein. Dessen Mitglieder waren es denn auch, die Pfarrer Bopp beim Umbau und dem Unterhalt des Vereinshauses und beim Herrichten von Theaterkulissen tatkräftig unterstützten. Derart entstand an der Kleinen Kirchgasse ein eigentlicher kultureller Treffpunkt für jung und alt. So ging es beispielsweise an der Chilbi am 3. Oktobersonntag im Vereinshaus immer hoch zu und her. Alle Vereine trugen das Ihrige dazu bei. Im sogenannten «Röseligarten» wurden Rippli und Sauerkraut mit süffigem Sauser serviert. Für die Kinder stand das Fischlispiel bereit: mit einem Einsatz von 20 Rappen konnte man hübsche Preise aus dem reichen Gabentempel ergattern. Im weitern wurde an diesem Tag ein Bazar organisiert. Die verschiedenen Vereine fertigten auf die Chilbi hin viele praktische Dinge und boten sıe zum Kauf an. Was nicht veräussert werden konnte, schickte man in die Missionen. Auf diese Weise kamen wieder viele Franken zur Abzahlung der Vereinshausschulden zusammen.
In späteren Jahren schaffte Pfarrer Bopp dann auch einen Filmapparat an und zeigte nicht zuletzt in der Chilbizeit verschiedene Filme. Besonders beliebt waren natürlich die Streifen von Charlie Chaplin. Bei anderer Gelegenheit wurden auch Missions- und Kulturfilme präsentiert. Und damit nicht genug: Da es sich damals alles um Stummfilme handelte, kaufte Pfarrer Bopp zusätzlich ein elektrisches Klavier, um die Filme musikalisch zu untermalen.
Immer wieder staunen wir, wie Pfarrer Bopp versuchte, den Menschen seiner Gemeinde nicht nur Gottes Wort und religiöses Wissen zu vermitteln, sondern ihnen auch den Blick für die weite Welt öffnen wollte. Als in den zwanziger Jahren das Radio aufkam, zögerte der Pfarrer nicht lange, schaffte die nötigen Apparaturen an, und bald
lagen im Vereinshaus 12 Kopfhörer bereit, wo vor allem die Jugendlichen fasziniert lauschten, was sie da aus dem Äther zu hören bekamen. So wie unsere heutigen Jungen in den Pub gehen, eilte man im Mellingen vor 70 Jahren ins Vereinshaus, um Radio zu hören...
Richard Bopp war ein Seelsorger, der den Menschen als ganzheitliches Wesen mit Leib und Seele zu erfassen suchte: Er erkannte, dass eine gesunde Seele auch in einem gesunden Körper leben sollte. Bekanntlich wütete am Ende des Ersten Weltkrieges 1918/19 in der Schweiz eine furchtbare Grippeepidemie, die allein ım Aargau 750 Todesopfer forderte. Wie in andern Orten musste auch in Mellingen die Schule zeitweise geschlossen werden. Der junge Pfarrer spendete aber nicht nur bei seinen zahlreichen Krankenbesuchen seelsorgerlichen Zuspruch, sondern vermittelte auch praktisches Wissen, wie der bösen Krankheit begegnet werden konnte. So verpflichtete er den berühmten Kräuterpfarrer Johann Künzle nach Mellingen, der einen vielbeachteten Vortrag über die Pflege der Kranken und entsprechende Präventionsmassnahmen hielt.
Um mit heutigen Begriffen zu sprechen, war Pfarrer Bopp auch der Begründer der Spitex ın Mellingen, in dem er den Krankenpflegeverein ins Leben rief. Wie wir wissen, wirkten seit dem 19. Jahrhundert zwei Ingenbohler Schwestern als Betreuerinnen der Betagten im Altersheim, das damals noch im Spittel im Iberg untergebracht war. Richard Bopp konnte nun in den zwanziger Jahren in Ingenbohl erwirken, dass die Klosterleitung eine dritte Nonne, eine Krankenschwester, nach Mellingen entsandte. Diese half einerseits, die Kranken im Altersheim zu pflegen; hauptsächlich besuchte sie aber Kranke und Pflegebedürftige, die eben aus dem Spital entlassen worden waren, in der Gemeinde. Diese Ingenbohler Schwestern wirkten so Jahrzehntelang äusserst segensreich zu ungewöhnlich günstigen Bedingungen in Mellingen: Eine Nachtwache kostete anfänglich drei Franken, ein kürzerer Besuch, um beispielsweise die Verbände zu wechseln, 50 Rappen!
Wenn sich der Pfarrer auch auf verschiedene Art einerseits für das Wohlergehen von Körper und Geist einsetzte, hatte er aber anderseits kein Verständnis für die lustbetonte Körperlichkeit, wıe sie beim Turnen und Schwimmen zum Ausdruck kam, insbesondere wenn dies beide Geschlechter gemeinsam tun wollten. In den Fragen der Sexualität und einer natürlichen Haltung zum eigenen Körper und zu jenem der Mitmenschen war Pfarrer Bopp noch ganz im beinahe körperfeindlichen Rigorismus des 19. Jahrhunderts verhaftet, wie ihn die Moraltheologen bis weit in unser Jahrhundert dozierten und von dem gewisse Elemente auch noch in der heutigen Kirche nachwirken. So setzte Pfarrer Bopp durch, dass zu gewissen Stunden nur die Mädchen und zu andern einzig die Buben beim Badeplatz im Allmendli sich ım Wasser der Reuss tummeln durften. Doch auch oberhalb und unterhalb des Städtchens gab es noch lauschige Badeplätze, die der gestrengen Kontrolle des Pfarrers entzogen waren... Und als in den zwanziger Jahren der Damenturnverein gegründet wurde, stellte der Pfarrer die ın kirchlichen Vereinen tätigen Mädchen und jungen Frauen vor die Entscheidung: Wer im Turnverein mitmache, habe nichts mehr in der Marianischen Kongregation oder im Kirchenchor zu suchen.
Heute 70 Jahre später (als 1925) können wir eine solche kompromisslose Haltung fast nicht mehr verstehen. Doch die kirchlichen Moralvorstellungen hatten damals — nicht nur bei Pfarrer Bopp — beinahe dogmatischen Charakter.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Aber im übrigen hatte Richard Bopp insbesondere in seinen jüngeren Jahren sehr grosses Verständnis für die Jungen, denken wir nur an seine aktive Vereinspolitik, die sich nicht nur auf Mellingen beschränkte. Noch vor seiner Amtszeit als Pfarrer von Mellingen wurde auf seine Initiative hin 1915 der «Kantonale Verband der
Aarg. Jünglingsvereine» gegründet, dessen initiatıver Präses er von 1919 bis 1922 und von 1924 bis 1926 war.
Aber auch für die Kinder, die oft gelangweilt auf dem Kirchplatz herumlungerten, setzte er sich ein. Er kaufte ein sogenanntes Croquet, eine Art Minigolf, das die Kinder im Pfarrhaus verlangen und sich damit stundenlang auf der Gasse verweilen konnten.
Für die lesehungrigen Schüler schuf er eine eigene Jugendbibliothek, die er ım mächtigen Gang des Pfarrhauses aufbaute. Betreut wurde diese Bibliothek von Fräulein Marie, der Köchin des Pfarrers. Ältere Schulmädchen halfen ihr beim Signieren und Ausleihen der Bücher. Meist nach der Christenlehre am Sonntag konnten die Kinder neue Bücher beziehen.
Was in andern Gemeinden erst Jahrzehnte später Wirklichkeit wurde, realisierte Pfarrer Bopp bereits in den zwanziger Jahren: er gründete einen Kindergarten. Angeregt wurde er zu diesem Vorhaben durch Pfarrhelfer Schönenberger, der in Bopps Heimatgemeinde Wettingen fast zur gleichen Zeit einen Kindergarten geschaffen hatte.
Der Mellinger Pfarrer besprach dieses wichtige Vorhaben einlässlich mit dem Mütterverein, der dann auch die Trägerschaft für die Kleinkinderschule übernahm. Pfarrer Bopp schickte zuerst die junge Anna Meier, die legendäre «Tante», zur Ausbildung ins Institut Ingenbohl. 1923 (1925) konnte sie in Räumen des Vereinshauses mit dem Schulbetrieb beginnen. Dieser wurde oft von bis zu 50 Kindern besucht. Erst 1948 übernahm die politische Gemeinde vom Mütterverein den Kindergarten und führte den Betrieb in den gleichen Lokalitäten fort. Der anfänglich jährliche Mietzins betrug 300 Fr. Und 1968 baute man dann die Kindergärten Weihermatt und 1971 Trottenstrasse. Damit hatten die Räumlichkeiten im Vereinshaus in dieser Hinsicht ausgedient, wo Generationen von Mellingern ihre ersten sozialen Erfahrungen in einer grösseren Gemeinschaft auf den Lebensweg mitbekamen. Auch ich darf mich in dankbarer Erinnerung dazu zählen. Mit diesem Vereinshaus hatte Pfarrer Bopp einen Treffpunkt für die Kinder, die Jugendlichen und Erwachsenen geschaffen und im Zweiten Weltkrieg auch für viele Soldaten, die in Mellingen einquartiert waren. Neben den Militärküchen im Iberg und beim Hexenturm wurde auch eine solche im Vereinshaus eingerichtet. Hier fanden die Soldaten auch etwas Abwechslung und Geselligkeit in der Monotonie
des Aktivdienstes. Wie wir wissen, entwickelten sich ın diesen Kriegsjahren mehr als eine zarte Bande zwischen jungen Mellingerinnen und Soldaten, die später zum Ehebund führten. Ob hier auch das Vereinshaus förderlich wirkte, entzieht sich unserer Kenntnis...
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Zwei Jahre später ermöglichte der Pfarrer 28 Chormitgliedern sogar, an einer fünftägigen Wallfahrt nach Padua teilzunehmen. Die Reise kostete bloss 90 Franken, wobei zwei Drittel die Kirchenchorkasse übernahm. Für viele Mellinger war dies wohl die erste grössere Auslandreise, und es war für die Sänger ein tiefes Erlebnis, im Antoniusheiligtum Gottesdienste mitgestalten zu dürfen.
Aber auch nach Rom, Assisi, Venedig und Lourdes führte der geborene Wallfahrtsleiter viele Gläubige. Dank seinem profunden Wissen konnte er die Wallfahrer über Geschichte und Kultur der besuchten Stätten meist selber orientieren und als hervorragender Prediger vermochte er die Besucher der Heiligtümer in einen echten,
tiefreligiösen Bann zu ziehen. Es will mir scheinen, Richard Bopp habe sich in Rom und Padua ebenso zu Hause gefühlt wie in Mellingen. Ein Freund schilderte dies wie folgt: «Als wir (anlässlich einer Romwallfahrt) mit ihm ın den Petersdom kamen, wo er die hl. Messe zelebrieren wollte, nahm er mich mit in die grosse Sakristei, wo bestimmt über 30 Priester in der Reihe eingestellt, jeder hinter dem andern, warteten, bis sie sich zur Darbringung des Opfers einschreiben und einkleiden konnten. Stadtpfarrer Bopp schloss sich dieser Reihe nicht an. Er nahm den direkten Weg zum Verwalter der Sakristei. Alle blickten auf und nach ihm. Als es dann ein herzliches Begrüssen zwischen den beiden gab und der Sakristanpriester dem Mellinger Zelebranten sofort alles zur Verfügung stellte, wusste ich, dass Richard Bopp im Vatikan kein Unbekannter war. Man kam mit ihm und durch ihn überall «durch». Als wir in Padua beim Santo Einkehr hielten, setzte sich Stadtpfarrer Bopp an die Orgel und spielte den Schweizerpsalm. Als die Mönche ob diesem unbekannten Organisten herbeikamen, überfiel sie ein Lächeln. Sie erkannten den unge- wohnten «Einbrecher» aus der Schweiz, der auch bei ihnen ganz zu Hause war ...»
Soweit die Erinnerungen eines Wallfahrers.
Richard Bopp hätte allerdings die Aufgaben als Pfarrer von Mellingen und als häufiger Wallfahrtspriester nie erfüllen können, wenn nicht treue Kapläne in Mellingen die Pastoration interimistisch weitergeführt und ihm stille Helferinnen die vielen administratiıven Aufgaben abgenommen hätten, welche die zahlreichen Reisen mit sich brachten.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Pfarrer Bopp war ganz allgemein ein viel engagierter Mann. Besonders am Herzen lag ihm die Pflegeanstalt Gnadenthal, in deren Vorstand er seit 1925 wirkte;
1945 übernahm er das Aktuariat des Hilfsvereins und schrieb ein Jahr zuvor aus Anlass des 50jährigen Bestehens dieser Institution eine vielbeachtete Festschrift. Auch dem Aarg. Volksverein diente er als Aktuar und dem kantonalen Cäcilienverein als Präses. Die Kapitularen des Dekanats Baden ernannten ihn zu ihrem Kämmerer, dem Stellvertreter des Dekans. Und in der Ferienzeit weilte er v. a. in den vorgerückten Jahren häufig als Kurgeistlicher in Bad Ragaz, wo es der leutselige Gesellschafter
schätzte, sıch mit der gehobenen Schicht aus aller Herren Länder zu unterhalten und Kontakte zu knüpfen. Bei Pfarrer Bopp war ein gewisser Zug ins Aristokratische unverkennbar, in seiner äusserlichen Figur und seinem Wesen lag ein Hauch Adel. Und so freute er sich, im Ersten Weltkrieg Verbindungen bis ins österreichische Kaiserhaus knüpfen zu können.
Diese sicher ‚nicht alles umfassende Lebensbeschreibung berücksichtigt hauptsächlich die ersten Jahrzehnte des Wirkens von Pfarrer Bopp.
Der Geistliche führte ein sehr intensives Leben, das seine Kräfte frühzeitig aufzehrte. Und es ist zu vermuten, dass die schwere Krankheit, die schliesslich zu seinem Tod führte, die körperliche und seelische Konstitution des einst robusten Pfarrers schon manche Jahre vor seinem Ableben stark beeinträchtigte. Seine Stimme wurde leiser.
Es fiel ihm immer schwerer, die Vereine mit straffen Zügeln zu führen, und das ungestüme Wesen der Jugendlichen, für welche er sich in jüngeren Jahren derart eingesetzt hatte, vermochte er nur noch schwer zu ertragen.
1956 suchte er nach schwerer Erkrankung Erholung bei den Menzinger Schwestern in Santa Croce in Orselina. Doch seine Uhr war abgelaufen. Zufälligerweise weilte damals auch Bischof Franziskus von Streng in Orselina und eilte ans Sterbebett des Mellinger Pfarrers. Dieser verabschiedete sich in ergreifender Weise von seinem
Oberhirten mit den beinahe testamentarischen Worten: «Ich habe viel gelitten für die Kirche.»
Am 10. April 1956 gab Richard Bopp fernab seiner Pfarrgemeinde seine Seele dem Schöpfer zurück, um zweI Tage später als Toter an seinen langjährigen Wirkungsort heimzukehren. In einem eindrücklichen Gottesdienst nahm die Pfarrgemeinde von ihrem Seelsorger Abschied. Und es war für manche Gläubige ein echter Schock, dass das Leben des Dahingegangenen auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin an diesem Trauergottesdienst nicht gewürdigt wurde und sich Dekan Schnetzler auf das Verlesen einiger weniger Lebensdaten beschränkte. Eine grosse Menschenmenge und über 80 Priester begleiteten daraufhin den unermüdlichen Streiter für das Wohlergehen
aller Mellinger zu seiner geliebten Antoniuskapelle hinaus, wo seine leibliche Hülle zu seiten der Eingangspforte ihre letzte Ruhestätte fand.
Quellen und Literatur:
— Hauptinformantin für diesen Artikel: Frau Elisabeth Riegger-Frey.
— Bopp Richard. 50 Jahre Pflegeanstalt Gnadenthal 1894 - 1944. Wohlen 1945.
— Nachrufe in: Aargauer Volksblatt 10. und 13. April 1956; Der Reussbote 11. April 1956; Echo vom Maiengrün 13. April 1956; Schweiz. Kirchenzeitung 1956 (Nr. 27);
Wohler Anzeiger 13. April 1956.
— Pfarrarchiv Mellingen. Kirchenpflegeprotokolle.
— Würdigung zu seinem 70. Geburtstag: Aargauer Volksblatt 21. Juni 1955.
— Weitere mündliche Angaben und Hilfeleistungen: Lina Busslinger-Koller, Elisabeth van Heijningen-Riegger, Pfarrer Jacques Keller, Anna Nüssli,
Stadtschreiber Ernst Pelloli, Kirchenpflegepräsident Leo Peterhans, Helene Rymann.
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Bild: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Text: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)
Copyright: Rainer Stöckli-aus 950 Jahre Kirche Mellingen (1995)