Siegel, Banner und Wappen von Mellingen Teil 2, Rainer Stöckli..in Arbeit
Geschichte > Aus Mellinger Städtlichroniken ab 1991
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In der «Städtlichronik 2006» war ausführlich von den Siegeln und Bannern von Mellingen zu lesen (-> 41110 ff). Siegel und Banner bilden in den meisten Fällen die Grundlage für das Wappen eines Gemeinwesens. Das alte Wappen von Mellingen (rote Kugel in Weiss und später weisse Kugel in Rot) leitet sich vom Banner her, unter welchem unsere Vorfahren seit dem 14. Jahrhundert in den Krieg zogen. Unser heutiges Wappen von 1935 (Habsburgerlöwe und Österreicher Binde) ist dem Stadtsiegel von 1293 nachempfunden.
Das alte Wappen
Das Wappen einer Gemeinde ist ein identitätsstiftendes Zeichen. Wenn eine politische Körperschaft über viele Jahrhunderte das gleiche Wappen auf ihrem Banner und an Gebäuden anbrachte und dieses somit breiten Bevölkerungskreisen bekannt war, ist es problematisch, auf ein Zeichen zu wechseln, das nur als Siegelbild überliefert ist und wohl den meisten Einwohnern nicht bekannt war. So war der Entschluss des Gemeinderates im Jahre 1935 als neues Wappen den Habsburger Löwen mit Österreicher Binde einzuführen, eher unglücklich. Denn es gab neben Mellingen eine ganze Anzahl von Städten, in welchen Siegel und Wappen ebenfalls grundverschieden aussahen.
Neben Zürich, Luzern und Solothurn (s. Städtlichronik 2006) sei dies speziell am Beispiel Badens erläutert. Bis 1798 führten die Badener im Siegel stets ein in einer steinernen Wanne badendes Paar. Auf Bannern und im Wappen führen aber unsere Nachbarn vom Mittelalter bis auf den heutigen Tag einen schwarzen Pfahl in weissem Feld, überhöht von einem roten Schildhaupt.
Nachdem schon zur Genüge im Abschnitt über die Banner vom Kugelwappen geschrieben wurde, sei hier noch zusammenfassend über die zahlreichen Belege dieses Wappenzeichens in Chroniken, auf Glasscheiben und an Gebäuden berichtet: Unverkennbar ist die Ähnlichkeit des zwar farblich abweichenden Wappens von Lenzburg (blaue Kugel in weiss). Meines Erachtens ist dies eine nachträgliche Reminiszenz, dass Lenzburg und Mellingen im 11./12. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Lenzburg waren. Wappenkundlich kann aber dieses gemeinsame Wappenbild nicht von den Grafen von Lenzburg hergeleitet werden. Müssig ist auch ein Erklärungsversuch, was die Kugel im Mellinger und Lenzburger Wappen zu bedeuten habe.
Das älteste Mellinger Kugelwappen in einer Chronik findet sich unseres Wissens bei Johannes Stumpf (1548). Das nämliche Wappenbild ist auch im «Ehrenwerk des Hauses Österreich" (um 1555) sowie bei Matthäus Merian (1642) reproduziert. Weitere Belege sind zudem im Stich von Johannes Meyer (Einmarsch der Zürcher in Mellingen im Zweiten Villmergerkrieg 1712) und im Gesellenbrief unserer Stadt von Jakob Joseph Claussner (um 1780/90) nachgewiesen.
Früher bestand der schöne Brauch, an befreundete Klöster und Städte «Schild und Fenster», d.h. Wappenscheiben zu schenken. Prachtvolle Beispiele sind die Kabinettscheiben von 1629/31 und 1675 in unserer Stadtkirche. Auch Mellingen liess sich da nicht lumpen. So ist in Stein am Rhein eine Scheibe mit Doppelwappen von 1543 erhalten. Ausserdem beschenkte man 1584 Zofingen (historisches Museum) und 1623 das Kloster Wettingen (Kreuzgang). In Mellingen wenig bekannt ist die Wappenscheibe, welche heute in der Stadtkirche ins Nordfenster der Sakristei eingelassen ist (s.Abbildung oben). Es ist eine Stiftung der Stadt Mellingen von 1634.
Ob die von Hans Felix Schärer von Zürich geschaffene Glasmalerei im 17. Jahrhundert von den Mellinger Behörden der Kirche geschenkt wurde, scheint eher fraglich. Vermutlich wurde diese Scheibe erst um 1911/12 im Westfenster des Chors in eine moderne Darstellung Karls des Grossen integriert und dann 1972 anlässlich der Gesamtrestauration in die Sakristei transferiert. Über ihr Schicksal zwischen1634 und 1911 ist bislang nichts bekannt. Diese Glasscheibe ist insofern bemerkenswert, als darin das Doppelwappen Mellingens und ein das Juliusbanner schwingender Krieger in einem Kunstwerk vereinigt sind.
Bild-Nr.: 41130
Bild: Mellinger Chronik 2007
Text: Rainer Stöckli/Mellinger Städtlichronik 2007
Copyright: Rainer Stöckli/Mellinger Städtlichronik 2007