2004 - Die Brunnen in der Mellinger Altstadt, Rainer Stöckli

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2004 Die Brunnen in der Mellinger Altstadt - Rainer Stöckli

Bevor in unserer Gemeinde 1901 die Wasserversorgung eingeweiht wurde und in jedes Haus das köstliche Nass floss, mussten die Bewohner der Altstadt ihr Wasser an einem der vier Brunnen beim Iberg, auf dem Kirchplatz, beim Hirschen oder im Johannisbrunnen an der Bruggerstrasse holen. Im Mittelalter dürfte ein weiterer Brunnen beim Gasthof «Löwen» gestanden haben. Denn in einer
Urkunde von 1459 wird der «Löwen» ... «zue Mellingen an [dem] marckgt by dem brunnen» erwähnt. Mit «marckgt» ist der «Markt», die heutige Hauptgasse, gemeint. Früher wurden hier die Wochen- und Jahrmärkte abgehalten.

Die Brunnen in der Stadt waren derart über das Stadtgebiet verteilt, dass kaum ein Bürger mehr als 100 Meter gehen musste, um sich mit Wasser einzudecken. Alle vier nachmittelalterlichen Brunnen lagen an der städtischen Wasserleitung. Das Wasser wurde vom Himmelrich hergeleitet. Beim Iberg erreichte die Leitung die Altstadt, führte durch die Kleine Kirchgasse zum Kirchplatz, weiter durch die Grosse Kirchgasse zum Markt und dann die Bruggerstrasse (früher auch Hirschengasse geheissen) hinunter. An der städtischen Wasserleitung lagen auch alle Gewerbebetriebe, die viel Wasser benötigten, so die Gerbereien, die an der Kleinen Kirchgasse (heute Kath. Vereinshaus) und im Mittelteil der Bruggerstrasse in der reussseitigen Häuserzeile standen. Die städtische Metzgerei hatte ihren Standort am Kirchplatz (Eckhaus hinter dem Brunnen). Vermutlich im nächsten Haus an der Grossen Kirchgasse befand sich in der westlichen Häuserzeile die städtische Badstube, der zeitweise auch eine Färberei angegliedert war.

Hirschenbrunnen
Von den vier nachmittelalterlichen Brunnen haben sich deren drei erhalten. Einzig der Hirschenbrunnen musste um 1928 im Zusammenhang mit dem Brückenneubau, der Erweiterung des Brückentors weichen. Bis 1835 stand dieser mitten in der heutigen Hauptgasse, um dann an die Südfront des «Hirschen» verlegt zu werden.


Brunnen beim lberg
1943 wurde dieser Brunnen von Steinmetz Castelli aus Jurakalkstein gehauen. Und zwar verlangten die Behörden, einen gleichen Brunnen wie beim «Güggel» zu erstellen. Der konisch geformte Trog weist abgeschrägte Kanten auf. An der Längsseite erhebt sich der Brunnenstock, gekrönt mit einer skulptierten Eichel. Nachdem dieser Brunnen in Zusammenhang mit der Restauration des
Iberghofs entfernt worden war, belebt er nun seit 2003 den neu geschaffenen Ibergplatz zwischen Kirche und Schlösschen.

Kirchplatzbrunnen
Der rechteckige Trog aus Granitstein schuf 1859 vermutlich Steinmetz Pedruzzi. 1991 wurde der Brunnen stark umgestaltet und anstelle des ausserhalb des Trogs stehenden Stocks ein Sockel im Innern errichtet. Diesen ziert eine Bronzeplastik des Wettinger Künstlers Eduard Spörri (1901 -1995). Das sich innig umschlingende Liebespaar verleiht diesem heiteren Platz noch mehr Verspieltheit. Allerdings ist dieses Werk als typische Altersarbeit des Plastikers zu betrachten. Seine üppigen Frauengestalten und Tierfiguren aus früheren Jahrzehnten strahlen noch mehr Dynamik aus. Mellingen schenkte sich diese hübsche Figurengruppe zur 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft. Der Souverän hatte für diese künstlerische Bereicherung der Altstadt einen Kredit von 65 000 Fr. bewilligt.


Johannisbrunnen
Bereits 1804 wurde beschlossen, für den Johannisbrunnen an der Bruggerstrasse eine Bronzestatue in Auftrag zu geben. 1835 schuf der Solothurner Steinmetz Urs Pargätzi aufgrund eines Entwurfs des Mellingers Johann Roman Zumstein (1804-1879) einen neuen Brunnen aus Jurakalkstein. Dabei wurden die barocken Ausgussröhren mit Löwenmasken des Vorgängerbrunnens wieder verwendet. Noch nicht geklärt werden konnte, wer die aus dem vorgerückten 19. Jahrhundert stammende Steinfigur Johannes' des Täufers geschaffen hat.

Literatur:
Mellinger Städtlichronik: 1991:Titelbild und S. 63-66.
Peter Hoegger. Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Bd. VI: Der Bezirk Baden I, Basel 1976, S.398.
Heinrich Zumstein. Mellingen 1700-1900. Mellingen 1988, S.387f.


Bild-Nr.: 41101
Bild: Mellinger Städtlichronik 2004
Text: Rainer Stöckli/Mellinger Städtlichronik 2004
Copyright: Mellinger Städtlichronik 2004

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