2000 - Mellingen im 2. Jahrtausend - Teil 1, Rainer Stöckli

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2000 Mellingen im 2. Jahrtausend - 1. Teil

Bild: Das Stift Schänis. Vor 1000 Jahren war die Kirche Mellingen im Besitz dieses adeligen Frauenstifts im Gasterland.


Das 2. Jahrtausend nach Christi Geburt ist abgeschlossen. Sicher Grund genug, sich einmal die Schwerpunkte zu vergegenwärtigen, welche Mellingen zu dem Gemeinwesen formten, das es heute ist.

Im 11. Jahrhundert (1001-1100)
ist die Quellenlage noch sehr spärlich. Einzig in der Urkunde von 1045 vernehmen wir, die Kirche Mellingen sei Besitz des Frauenstifts Schänis im Gasterland (s. Abbildung).
Dieses Stift war eine Gründung der Vorfahren der Grafen von Lenzburg, in deren Eigentum auch die Region Mellingen lag. Lenzburg und Mellingen befanden sich also um die Jahrtausendwende im gleichen Einflussbereich. Optisch belegt ist dies bis heute durch das gleiche Wappenbild: eine blaue bzw. rote Kugel im weissen Schild. Allerdings wechselte Mellingen im 16. Jahrhundert die Wappenfarben und führte seither eine weisse Kugel in rotem Feld. Das heutige Mellinger Löwen-Wappen wurde erst 1935 vor allem aus ästhetischen und falschen historischen Überlegungen heraus kreiert. Die Urkunde von 1045 ist insofern von grosser Bedeutung, als es sich hiebei um die erste schriftliche Erwähnung des Namens Mellingen überhaupt handelt.

Auch im 12. Jahrhundert (1101-1200)
ist die Geschichte Mellingens noch schlecht dokumentiert. 1178 wird erneut bestätigt, die Kirche Mellingen gehöre dem Stift Schänis. Entscheidend an dieser Urkunde ist allerdings, dass nun zusätzlich erwähnt wird, die Kirche Mellingen besitze auch die Schifflände und ein Gut daselbst. Bei diesem Gut könnte es sich durchaus um einen Vorgängerbau des heutigen Iberg handeln, wie dies eventuell die neusten archäologischen Untersuchungen in diesem Gebäude untermauern können. Das gegen die Reuss hin freigelegte Tor dürfte zur 1178 erwähnten Schifflände geführt haben. Die Erwähnung dieser Anlegestelle illustriert die enge Beziehung der Geschichte Mellingens zur Reuss: eine für den Personen- und Warenverkehr bedeutende Wasserstrasse von der Innerschweiz in den süddeutschen Raum und ins Tirol.

Schicksalshaft war, dass, nachdem unser Gebiet nach dem Aussterben der Lenzburger im Jahre 1173 über verschiedene Erbgänge im 13. Jahrhundert (1201-1300) an die bedeutendste Städtegründerdynastie der Schweiz, die Grafen von Kyburg, überging. So entstand um 1230/40 zwischen den beiden kyburgischen Zentren Lenzburg und Baden der befestigte Reussübergang Mellingen, der 1242 erstmals als «civitas», als Stadt, genannt wird. Bemerkenswert ist, dass der Name der neuen Stadt vom ca. im 6./7. Jahrhundert auf der rechten Reussseite entstandenen Alemannendörfchen Mellingen übernommen wurde. Bis ins 15. Jahrhundert, als das Dorf Mellingen eingeäschert und damals von der Stadt zum grössten Teil vereinnahmt wurde, existierten daher zwei Gemeinwesen mit dem Namen Mellingen. Weitere Eckdaten aus dem 13. Jahrhundert waren das Jahr 1273 (käufliche Übernahme Mellingens durch das Haus Habsburg nach dem Aussterben der Kyburger) und 1296 (Verleihung des formalen Stadtrechts durch Herzog Albrecht). Frappant ist auch die Tatsache, wie seit der Ersterwähnung als Stadt die schriftlichen Angaben über Mellingen sprunghaft anschwellen. Zwischen 1242 und 1296 finden sich über 35 Dokumente, welche über das Werden unseres Städtchens Auskunft geben.
Während des ganzen 14. Jahrhunderts (1301-1400) war Mellingen eine Habsburgerstadt. Die Bürgerschaft beteiligte sich dabei an den Ausfällen ihrer Herren gegen die junge EIdgenossenschaft, so 1315 bei Morgarten und 1386 bei Sempach. Von der Wohlhabenheit der Gemeinde und der Bürger zeugen zwei Stiftungen und eine Erwerbung. 1313 gründete der ehemalige Schultheiss Hugo von Schänis am Kirchplatz das Heiliggeistspital, welches noch heute als Alters- und Pflegeheim weiter existiert. 1364 kaufte die Stadt von den Herren von Trostberg die niedere Gerichtsherrlichkeit im sog. Trostburgertwing, das heutige Gemeindegebiet rechts der Reuss.
De iure blieb aber der Trostburgertwing bis 1798 ein eigenes Territorium. Doch wurden durch den Kauf der niederen Gerichtsrechte daselbst bereits im 14. Jahrhundert die Basis zum heutigen Gemeindebann gelegt. Um 1380 stiftete die Familie Segesser die Frühmesserkaplanei, die bis vor etwa 20 Jahren durch einen eigenen Priester besetzt war.




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Bild: Mellinger Städtlichronik 2000
Text: Mellinger Städtlichronik 2000/Rainer Stöckli
Copyright: Mellinger Städtlichronik 2000

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