1677 - Mellinger Kunsthandwerk-Hafner Johann Lee, Rainer Stöckli
Geschichte > Aus Mellinger Städtlichroniken ab 1991
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Im Sommer 1993 war auf Schloss Wildegg eine Sonderschau über Werke von Aargauer Hafnern zu bewundern. Neben den Produkten aus den bedeutenden Hafnereien der Küchler in Muri, Frey in Lenzburg, Fischer sowie Andres in Aarau war auch eine aussergewöhnlich hübsche Wandkachel des Mellinger Hafners Johann Lee vom Jahre 1677 ausgestellt. Sie ist 45 cm hoch und 42 cm breit und mit relativ ungelenker Hand signiert: «GEMACHT VOHN Johannes Lee Hafner Zuo Mellingen 1677». siehe 41030.1
Die oben erwähnten Engelsköpfe scheinen ein «Markenzeichen» unseres Hafners gewesen zu sein. Das Landesmuseum Zürich hütet nämlich neben der ob beschriebenen Wandkachel ein ganzes Dutzend mit Engelsköpfen gezierte Ofenkacheln aus Mellingen und Umgebung, die allesamt Lee zugeschrieben werden. Ein Kachelofen aus der Werkstatt Lee stand dereinst auch in der Mühle in Wohlenschwil. Auch für das alte Pfarrhaus in Kirchdorf schuf Lee einen Ofen: dieser hat heute in der Sammlung «Alt-Mellingen» eine würdige Bleibe gefunden.
Über Lees Biografie ist uns bislang wenig bekannt. 1670 heiratete er die Mellinger Bürgerin Anna Wassmer. 1691 ist er als Stadtbote von Mellingen bezeugt.
Die Angabe in der Ausstellung in Wildegg, in Mellingen hätten ausser Lee wohl keine andern Hafner gewirkt, war unzutreffend.
Es stimmt allerdings, dass keine Werke andern aus Mellingen stammenden Hafnern eindeutig zugeschrieben werden können. Hafner war aber auch ein Nachfahre Lees, nämlich Peter Lee (1799-1874); dieser war zugleich Hafner- und Schulmeister! Um 1500 scheint jedoch noch keine Hafnerei in Mellingen bestanden zu haben. Denn nach dem Brand von 1505 arbeiteten Hafner von Bremgarten und Lenzburg im Städtchen. Erstmals treffen wir 1586 mit Hans Galli und Stefan Grewling einheimische Hafner an. 1605 ist ein Andreas Yppinger bezeugt. Diese Liste ist aber keineswegs vollständig; über das Mellinger Gewerbe müsste diesbezüglich noch wacker geforscht werden. Doch sind die Werke das Johann Lee erneut ein Hinweis, dass in Mellingen stets - wenn auch meist in bescheidenem Rahmen - kunsthandwerklich gearbeitet wurde.
Literatur:
-Karl Frei. Zur Geschichte der aargauischen Keramik des 15. -19. Jahrhunderts'
Anzeiger für schweiz. Altertumskunde N. F. Bd. 33 (1931)' S. 106-108
-Konrad Kunz. Die bedeutendsten Geschlechter Mellingens bis zum Jahre L850.
Mellingen 1913, S. 14
-Rainer Stöckli. Geschichte der Stadt Mellingen von 1500 bis zur Mitte des 17.
Jahrhunderts. Fribourg 1979, S. 218
Bild-Nr.: 41030
Bild: Mellinger Städtlichronik 1993
Text: Mellinger Städtlichronik 1993
Copyright: Mellinger Städtlichronik 1993
Kachel von 1677 von Johann Lee. Sie ist 45cm hoch und 42cm breit und mit relativ ungelenker Hand signiert:
«GEMACHT VOHN Johannes Lee Hafner Zuo Mellingen 1677».
Die auf der Kachel angebrachten Figuren sind reliefartig herausgehoben und bunt bemalt. Aufgrund des figürlichen Schmucks mit lokalem Kolorit dürfte man annehmen, der originale Standort dieser Kachel sei in Mellingen selber, vielleicht im Alten Rathaus oder im Pfarrhaus, zu suchen. lm Zentrum prangt eine Strahlenkranzmadonna, ihr zur Linken steht Christus und zur Rechten Johannes der Evangelist, der Mellinger Kirchenpatron im Mittelalter und Namenspatron unseres Hafners. Darüber sehen wir zwischen zwei Engelsköpfen eine Kreuzigungsszene und zuunterst einen pausbackigen, geflügelten Engelskopf, flankiert von zwei steigenden Löwen, in gleicher Manier wie wir sie als Schildhalterlöwen am Zeitturm und am Alten Rathaus bewundern können. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Wandkachel um das Gesellen- oder das Meisterstück von Johannes Lee.
Bild-Nr.: 41030.1
Bild: Mellinger Städtlichronik 1993
Text: Mellinger Städtlichronik 1993 / Rainer Stöckli
Copyright: Mellinger Städtlichronik 1993