Rund um Mellingen
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Menschen, die ohne ihre eigene Vergangenheit leben,
sind Bäume ohne Wurzeln.
Spruch an der Seemauer in Zug
Vorwort
zur Broschüre, die von der Druckerei Nüssli herausgegeben wurde.
1996 feierte unsere Gemeinde in festlichem Rahmen «700 Jahre Stadtrecht Mellingen».
Der langjährige Oberstufenlehrer Herbert Frei trug ans Festkomitee die Idee heran, im
Jubiläumsjahr durch Gemeindeumgänge der Bevölkerung ihren Lebensraum näher zu bringen. Mit der Realisation des Projekts wurde Bezirkslehrer Ernst Vögeli betraut. Dieser fragte mich an, ob ich den historischen Part der Exkursionen bestreiten möchte. Mit Freuden nahm ich diese Herausforderung an.
Schon von Anfang an war es Emst Vögeli und mir klar, dass diese Umgänge nicht die Altstadt,
durch welche regelmässig Führungen angeboten werden, sondern das Umfeld unserer
Gemeinde zum Thema haben sollten. Insbesonders versuchten wir, die Wechselwirkung von
Altstadt und der sie umgebenden Landschaft speziell aus historischem, wirtschaftlichem und
naturkundlichem Blickwinkel heraus unter die Lupe zu nehmen.
Ein erster Umgang war am 11. Mai 1996 dem Gebiet rechts der Reuss, dem sogenannten
«Trostburger Twing», gewidmet. Hier offenbarte sich eindringlich, welche immense Bedeutung dieser Gemeindeteil in wirtschaftlicher Hinsicht als Standort von drei Mühlen, ausgedehnten Rebbergen und grossem Waldgebiet hatte.
An der zweiten Exkursion bereiste man am 19.Oktober 1996 die Aussenbezirke auf der linken
Reuss-Seite, d. h. den Stadtbann. An verschiedenen Stellen wurde den Teilnehmern so richtig bewusst, dass schon vor Hunderten von Jahren die Tendenz bestand, Unangenehmes
auszugrenzen, vom bewohnten Gebiet fernzuhalten. Markante Beispiele sind der
Hochgerichtsplatz an der Strasse Wohlenschwil-Tägerig, das Siechenhaus und der im
18. Jahrhundert angelegte Friedhof. Anderseits müssen wir feststellen, dass heute einige hundert Meter westwärts der Altstadt in der Kleinen Kreuzzelg eine Art «Neu-Mellingen» mit
Oberstufenzentrum, Mehrzweckhalle, Sportanlagen und Feuerwehrstützpunkt mit eindeutig
interkommunalem Charakter entstanden ist.
Während sich das Mellingen früherer Jahrhunderte in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht bewusst von der die Stadt umgebenden Landschaft abgeschottet hatte, sehen wir Ende
des 20. Jahrhunderts nicht zuletzt am Beispiel Zentrum Kleine Kreuzzelg recht deutlich, welch integrative Kraft Mellingen heute ausübt, nicht im Sinn von Machtpolitik, sondern von Kooperation.
Die Realisation dieser beiden Umgänge, an denen rund 250 Personen teilgenommen haben,
erheischten viele Tage des Recherchierens und der Vorbereitung. Daher reifte in mir der
Gedanke heran, das Vorgetragene auch schriftlich festzuhalten und einzelne Themen in kürzeren Artikeln in zwangsloser Folge unter dem Titel «Rosinen aus dem Mellinger Gemeindeumgang» im «Reussbote» zu publizieren. So sind vom 29. Mai 1996 bis 7. März 1997 nicht weniger als 23 Texte erschienen, die nun auf vielseitigen Wunsch hin in dieser Broschüre zusammengefasst werden. Ernst Vögeli möchte ich dabei herzlich für seine Bereitschaft danken, mir für einzelne Artikel seine Unterlagen überlassen zu haben. Doch bedaure ich es, dass dieses Büchlein etwas gar geschichtslastig ausgefallen ist. Aber ich fühlte mich nicht kompetent, auch über geologische und naturkundliche Fragen, die in den beiden Umgängen ebenfalls ausführlich zur Sprache kamen, zu berichten. Aus beruflichen Gründen und wegen anderweitigem grossem Engagement war es aber Ernst Vögeli leider nicht möglich, einige Texte aus seinen Fachgebieten beizusteuem. Doch hoffe ich, dass ihn diese Broschüre ermuntern wird, in ein paar Jahren - wenn der Berufsstress gewichen ist - über die höchst bemerkenswerten Geländeformen, welche unsern Siedlungskern fast wie ein Amphitheater umschliessen, sowie über die reiche Fauna und Flora des untern Reusstales eine Schrift zu verfassen. Denn ein solches Werk fehlt uns bis anhin in der sonst so reichhaltigen Literatur über Mellingen.
Es bleibt mir noch die angenehme Pflicht des Dankes: Allen voran möchte ich Ernst Vögeli
für seine aussergewöhnlich angenehme und fruchtbare Zusammenarbeit danken. Ohne ihn
wären die beiden Gemeindeumgänge und damit auch diese Publikation nicht zustande
gekommen. Zahlreiche Mellinger erteilten mir wertvolle Auskünfte oder stellten mir Bildmaterial zur Verfügung. Namentlich erwähnen möchte ich dabei speziell die Herren Otto Müller, Albert Fischer und Marin Frey.
Der Offizin Druckerei Nüssli AG - insbesondere den Herren Benedikt und Dieter Nüssli -
danke ich für die Aufnahme des vorliegenden Büchleins in ihr Verlagsprogramm und für die
sorgfältige Gestaltung dieser Schrift.
«Rund um Mellingen» will kein umfassendes Werk sein. Vielmehr wollen die in leicht
verständlicher Sprache geschriebenen Texte Anregung bieten, wieder vermehrt in unserer
nächsten Umgebung auf Entdeckungsreise zu gehen, um dadurch in dieser so liebenswerten
Landschaft noch tiefere Wurzeln zu schlagen.
Unterentfelden, im ApriI 1997
Rainer Stöckli