Die Glocken von Mellingen (ohne Pfarrkirche)
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Sie freuen sich auf ein neugeborenes Kind, das getauft wird, jubeln zur Hochzeit und beklagen, dass ein Mensch diese Welt verlassen hat.
Hier als Beispiel in Bild und Ton die grösste Glocke der katholischen Kirche
Sie wiegt 4150 Kilogramm.
Glocken rufen zu Gottesdiensten, läuten das neue Jahr ein, künden Morgen, Mittag und Abend an.
Alle 15 Minuten, alle Halbstunden und alle Stunden erinnern uns Glockenschläge an Zeit und Ewigkeit. Früher schrien die Glocken auch in die Welt hinaus, wenn es brannte oder wenn ein Unwetter oder Kriegsgefahr drohten.
Glocken hängen vielfach in dunkeln Türmen. Deshalb ist es hier nicht immer leicht, die Glocken in voller Pracht zu zeigen.
Bild-Nr.: G_01
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Rainer Stöckli/Viktor Zimmermann
..hauptsächlich aber im Römerreich seit der Zeit der Christianisierung. Ganz erhalten sind uns aber nur kleine Glöcklein.
Seit dem Mittelalter bestehen die Glocken aus Bronce, einer Legierung von etwa 80 Prozent Kupfer und 20 Prozent Zinn.
Bild-Nr.: G_02
Bild: Jürgen Schön, Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum,Köln
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Jürgen Schön, Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum,Köln
Dieser Klangkörper diente wohl als Schulglöcklein, aber auch der politischen Gemeinde.
1860 vernehmen wir nämlich im Ratsprotokoll, dass man anlässlich der Gemeinderatswahlen mit dem Glöcklein geläutet habe. Leider erhielt dieses damals einen Sprung. Deshalb brachte man das Glöcklein noch im selben Jahr zur Reparatur in die Firma Rüetschi in Aarau. Im nächsten Jahr konnte dieses wieder auf dem Rathausdach montiert werden, daher die Jahreszahl 1861 auf dem Glockenmantel.
Bild-Nr.: G_07
Bild: Fotoarchiv-Mellingen
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
Doch etwas macht stutzig: 1856 wurden Rat- und Schulhaus eingeweiht – und 1860 war das Glöcklein schon defekt. Deshalb muss man annehmen, dass dieser Klangkörper wesentlich älter war. Hier eine allerdings urkundlich nicht belegte Hypothese.
1850 wurde zwischen dem Kirchturm und dem heutigen Pfarrhaus die Beinhauskapelle abgerissen.
Hier verwahrte man noch erhaltene Gebeine und Schädel aus früheren Gräbern. In das Türmchen dieser Kapelle wurde 1602 von zwei Mellinger Geistlichen eine Maria geweihte Glocke gestiftet. Es ist daher gut möglich, dass nach dem Rückbau der Kapelle 1850 die funktionslose Glocke auf dem Rathausdach eine neue Heimat fand.
Bild-Nr.: G_08
Bild: Merianstich
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
15 Jahre vor der Beinhauskapelle wurde auch die Ulrichskapelle in Mellingen-Dorf, dem Gemeindegebiet rechts der Reuss, abgerissen. Kirchlich gehörte dieser Teil von Mellingen bis 1896 zur Pfarrei Rohrdorf. Darum hängte man das Glöcklein nach dem Rückbau des Kirchleins 1835 in den Glockenturm in Oberrohrdorf
Bild-Nr.: G_10
Bild: Wikipedia > Res Fankhauser - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Wikipedia > Res Fankhauser - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
1949 wurde das Geläute in Rohrdorf erneuert. Das Glöcklein von Mellingen wurde einer Missionskirche in Tansania in Ostafrika geschenkt. Ob es dort immer noch seinen Dienst tut, ist nicht bekannt.
Bild-Nr.: G_11
Bild: http://auswandern-info.com/tansania-2/karte
Text: Rainer Stöckli
Copyright: http://auswandern-info.com/tansania-2/karte
Leider wissen wir nicht genau, wie die Ulrichskapelle ausgesehen hat. Sie stand etwas auf der Anhöhe in der Gabelung von Hohle Gasse und Sonnenweg.
Wir sehen, wie die Eidgenossen 1443 im Alten Zürichkrieg von Rohrdorf her gegen das Städtchen marschierten. In der Mitte ganz am linken Rand sehen wir die Ulrichskapelle mit spitzem Glockentürmchen. Allerdings ist nicht gesichert, ob dieser Sakralbau genau so ausgesehen hat. Denn auch die dahinter sichtbare Altstadt sah damals bestimmt nicht so aus.
Bild-Nr.: G_12
Bild: Chronik von Diebold Schilling
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
Die obere kleine Glocke schlägt die Viertelstunden, das heisst ein-, zwei- oder dreimal. Beim Stundenschlag hören wir viermal die kleine Glocke und darauf die Anzahl der Stunden mit der grossen Glocke
Bild-Nr.: G_17
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
1869 wurde die Turmspitze und dadurch auch die Glocken durch Blitzschlag teilweise zerstört.
Die Glocken mussten ersetzt werden.
Hier die untere Glocke mit dem Schlaghammer auf der linken Seite und der Aufschrift „GEMEINDE MELLINGEN 1869“ als Auftraggeberin.
Bild-Nr.: G_19
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Wie auf diesem Bild zu sehen ist, wurden die Glocken von Glockengiesser Moritz Sutermeister in Aarau gegossen. Sutermeister war ein Konkurrenzunternehmen der Glockengiesserei Rüetschi.
1953 rekonstruierte man anlässlich der Restaurierung des Turms das Uhrwerk und die Zifferblätter.
Bild-Nr.: G_21
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Beim oberen kleinen Zifferblatt mit blauem Hintergrund zeigt die golden und schwarz gefärbte Kugel in der Mitte die aktuelle Mondphase an, in diesem Fall Vollmond. Der Zeiger gibt an, dass es zirka 21 Minuten nach ...........ist.
Bild-Nr.: G_23
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Zusammen mit dem äussersten schwarzen Stundenring mit römischen Ziffern liest man mit dem Handzeiger die Uhrzeit ab: Je nach Tageszeit also 4 Uhr oder 16 Uhr und eben 21 Minuten vom kleinen Ziffernblatt oben.
Der nächste Ring zeigt mit dem Sonnenzeiger auf den Monat, also Anfangs März.
Die Lanze zeigt, in welchem Tierkreiszeichen sich der Mond gerade aufhält, nämlich im Löwen, und
der kleinste Zeiger, der Pfeil, zeigt im innersten Kreis den Wochentag an, also Samstagabend.
Überschreitet der kleine Pfeil das Symbol der Sonne, das goldene Kreislein, ist es Sonntagmorgen.
Bild-Nr.: G_24
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Prunkstück ist im Innern die hingebungsvolle Antoniusfigur mit Jesuskind,
geschaffen vom einheimischen Barock-Künstler Kaspar Josef Widerkehr.
Gleichzeitig legte man rund um die Kapelle einen Friedhof an.
Bild-Nr.: G_26
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Aus dem 18. Jahrhundert ist nur die grössere Glocke von 1736 erhalten. Sie wiegt etwa 50 kg und hat einen Durchmesser von 44 cm.
Auf der Glocke ist der Patron der Kirche, der Heilige Antonius zu sehen.
Bild-Nr.: G_29
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Auf der anderen Seite ist Maria, Jesus am Kreuz und das Wappen der Mellinger Bürgerfamilie Müller abgebildet.
Dieses Wappen mit Mühlrad ist deshalb angebracht, weil diese Glocke von Schultheiss Johann Georg Müller und dem Schulmeister Johann Jakob Müller gestiftet wurde. Die kleinere Glocke ersetzte man 1899. Gegossen wurde sie bei Rüetschi in Aarau und hat einen Durchmesser von 35 cm
Werden Abdankungsgottesdienste in der Kapelle abgehalten – je nachdem um 11 Uhr oder 14 Uhr – wird 10 Minuten vor Gottesdienstbeginn mit der grösseren Glocke, nach 5 Minuten mit beiden Glocken geläutet.
Die gleiche Läuteordnung gilt von Juni bis September bei den Mittwochsgottesdiensten, die anstatt in der Pfarrkirche um 9 Uhr morgens in der Antoniuskapelle abgehalten werden.
Bild-Nr.: G_30
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Bereits Anfang 1528 konnte Ulrich Zwingli bei seinem Ritt nach Bern unbehelligt durch unser Städtchen reisen und zusammen mit seinen Begleitern im „Hirschen“ zu Mittag essen. Mellinger Bürger kämpften 1531 auf reformierter Seite in den Gefechten von Kappel und am Gubel.
In beiden Treffen siegten die Katholiken. Deshalb wurden Mellingen, Bremgarten und das Freiamt gezwungen, wieder den katholischen Glauben anzunehmen. 1712 überwanden die reformierten Stände die Katholiken bei Villmergen.
Bild-Nr.: G_33
Bild: Fotoarchiv-Mellingen
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
Auch Mellingen wurde in Mitleidenschaft gezogen
Hier der Einmarsch der Zürcher am 22. Mai 1712 von Rohrdorf her gegen die Altstadt. Die reformierten Stände Zürich, Bern und Glarus wurden Oberherren von Mellingen. Prinzipiell hätten nun auch Reformierte im Städtchen wohnen können. Doch verging noch über ein Jahrhundert, bis sich reformierte Mitchristen vermehrt in Mellingen ansiedelten.
Bild-Nr.: G_34
Bild: Kupferstich von Johannes Meyerus, Zentralbibliothek Zürich
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Kupferstich von Johannes Meyerus, Zentralbibliothek Zürich
Die reformierten Mitchristen gründeten 1894 die Reformierte Genossenschaft Mellingen. Zuerst wurde im Gemeindesaal im ersten Obergeschoss des Rathauses Gottesdienst gefeiert.
Bild-Nr.: G_35
Bild: Fotoarchiv-Mellingen
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv-Mellingen
Bemerkenswert ist, dass auf den drei Glocken in schriftlicher Form wichtige Angaben über die Geschichte der jungen reformierten Gemeinde in ihren ersten zwei Jahrzehnten festgehalten sind.
Die kleinste Glocke wiegt 270 kg. Sie hat den Ton cis. Im oberen Bereich der Glocke steht geschrieben:
> „1910 besuchten den reformierten Religionsunterricht zu Mellingen 75 Kinder.“
Bild-Nr.: G_42
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
„Die 43 Knaben und 32 Mädchen wohnten in Mellingen, Niederrohrdorf, Oberrohrdorf, Stetten, Nesselnbach, Tägerig und Wohlenschwil.“
Es handelt sich also um die Jugendglocke. Diese kommt meist nur im Gesamtgeläute zum Einsatz.
Bild-Nr.: G_43
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Mit ihr wird am häufigsten geläutet: täglich um 11 Uhr, am Abend unter der Woche und am Samstag zum Sonntageinläuten je nach Sommer- und Winterzeit um 17 oder um 19 Uhr.
Die mittlere Glocke wird immer auch eine Stunde vor dem Gottesdienst geläutet. Auf dieser Glocke wird vom Kirchenbau erzählt. Es heisst da, wie auf der Glocke zu lesen ist, im oberen Teil:
> „Die reformierte Genossenschaft Mellingen baute 1909 und 1910 ein eigenes Gotteshaus.“
Im unteren Teil des Klangkörpers wird erwähnt, wie die reformierte Kirche finanziert wurde. Es steht da:
> „Die Kosten des Baus samt Glocken und Orgel wurden bestritten aus dem halben Ertrag der schweizerischen Reformationssonntagskollekte von
1908, den Gaben der Hilfsvereine von Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Sankt Gallen und Zürich sowie sonstiger Freunde.“
Damit wird die Verbundenheit der Reformierten der ganzen Schweiz mit ihren Glaubensgenossen in Mellingen zum Ausdruck gebracht.
Bild-Nr.: G_44
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Sie erklingt meist nur beim Gesamtgeläute. Auf der grössten Glocke vernehmen wir von der Gründung der reformierten Genossenschaft Mellingen. Im oberen Teil der Glocke ist zu lesen:
> „Am 18. Februar 1894 wurde zu Mellingen zum ersten Mal nach 363 Jahren wieder reformierter Gottesdienst gehalten.“
Über dem unteren Glockenrand steht folgender Text:
> „Am 4. Februar 1894 gründeten 70 Protestanten aus Mellingen, Niederrohrdorf, Oberrohrdorf, Stetten, Niederwil, Wohlenschwil und Büblikon
die reformierte Genossenschaft von Mellingen.“
Bild-Nr.: G_45
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Da der ganze Text nicht auf einer Zeile rund um die Glocke angebracht werden konnte, wird mit einer Hand darauf hingewiesen, dass nun auf der unteren Zeile weitergelesen werden muss.
Bild-Nr.: G_46
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann
Sie läuten vor allen Gottesdiensten 15 Minuten lang bis zum Gottesdienstbeginn. Dies gilt auch für Abdankungen, Taufen und Hochzeiten sowie am 1. August und am Jahresende.
Bild-Nr.: G_49
Bild: Viktor Zimmermann
Text: Rainer Stöckli
Copyright: © Viktor Zimmermann