Gartengässchen, Stadtgraben
Lenzburgerstrasse Süd-West > Lenzburgerstrasse
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Otto Müller berichtet: "Für den Kenner ist das Gartengässchen eine Idylle, die er gerne besucht. Man ist von seiner verträumten, malerischen Schönheit überrascht. Das versteckte Kleinod zieht sich auf der Landseite der geschlossenen Häuserfront der Kleinen Kirchgasse entlang; vom Zeitturm bis zum Schlösschen Iberg. An meist liebevoll gepflegten Gärtchen vorbei führt ein Fussweg begleitet von einem kleinen Bächlein. Das Bächlein, als Relikt des einstigen mit Wasser gefüllten Stadtgrabens, der auf der Landseite als Teil des Wehrgürtels den Bürgerhäusern vorgelagert war.
MehrEine eigentliche Stadtmauer gab es auf der Landseite nicht. Sie war in den Häusern integriert, wie dies heute noch beim Ortsmuseum mit seinen schiessschartenförmigen Öffnungen sichtbar ist.
Zwei kurze Stücke einer freistehenden Stadtmauer befanden sich zwischen den letzten grabenseitigen Häusern der Scheunengasse und dem Hexenturm, sowie zwischen dem Iberghof und der Spittelscheune. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trocknete man den Graben aus, durchbrach die grauen Mauern der Bürgerhäuser für Fenster und Türen und bildete mit den angehängten Lauben nach und nach das heutige malerische Gesamtbild. Das Grabenstück zwischen Zeitturm und Hexenturm wurde aufgefüllt und eingeebnet und dient heute grösstenteils als Parkplatz."
Bild-Nr.: 07000.1
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Otto Müller
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Das Gartengässchen und Stadtbach um 1970
Im Reussbote vom August 1920 macht der Gemeinderat Mellingen folgende Mitteilung: "Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass im Grüt- bezw. Stadtbach eine Fischenz besteht und verpachtet ist und dass daher jedes Fischen, Fröschen oder Krebsen in demselben, sowie jede Verunreinigung dieses Gewässers verboten ist." Vor hundert Jahren hiess also der Stadtbach oberhalb der Altstadt "Grütbach".
Auch heute (2020) lassen sich im Stadtbach noch einzelne Fische feststellen.
Über das Gartengässchen s. Bild-Nr. 07000.1
Bild-Nr.: 07003
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv Mellingen
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Vorne links die Scheune des "Weissen Kreuz".
Zur Datierung: Die elektrischen Leitungen sind noch nicht verkabelt. Die Stromkabel wurden 1976 ins Kleine Gartengässli verlegt.
Bild-Nr.: 07000.2.2.
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv-Team
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Blick durch den Stadtgraben und die südwestliche Häuserfront der Kleinen Kirchgasse. Im Hintergrund der Käsbissen des 1984 renovierten Kirchturms, ca. 1990.
Bild-Nr.: 07001
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Fotoarchiv Mellingen
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Blick auf die südliche Aussenfront der Kleinen Kirchgasse, ca. 1990
Zur Datierung: Im Hintergrund der 1984 renovierte Kirchturm, rechts der im Jahr 2000 restaurierte Iberghof.
Bild-Nr.: 07000.3
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Otto Müller schreibt: "In der Schrift 'Rund um Mellingen' von Rainer Stöckli vernimmt man, dass die unteren Partien der landseitigen Häuser einst in den Wehrgürtel integriert waren. Ihnen war ein mit Wasser gefüllter Graben vorgelagert. 1807, als Mellingen die Bedeutung des Stadtrechts und seine Funktion als strategischer Platz verloren gingen, erlaubte der aargauische Regierungsrat der Gemeinde, dass sie den Graben trocken legen dürfe. Während der Graben zwischen Zeitturm und Hexenturm aufgefüllt und eingeebnet wurde (heute Parkplatz 'Birrfeldstrasse), blieb er zwischen Zeitturm und Iberg als hübsche Gartenlandschaft erhalten ('Gartengässli' )."
MehrDas Bild zeigt einen Ausschnitt von der grabenseitigen Häuserreihe der Kleinen Kirchgasse im derzeitigen Zustand mit den vorgelagerten Gärten zwischen dem Graben (nicht sichtbar) und dem Tägerigerweg und der Pfarrkirche im Hintergrund", s. auch Bild-Nr. 07000.3.
Im Vordergrund die Städtligärten, die seit der Gründung der Stadt bestanden. Zu jedem Haus in der Altstadt gehörte ein Garten, damit sich die Bürger mit Gemüse und Früchten eindecken konnten. Im Mittelalter mussten die Stadtbürger für diese Gärten dem Stadtherrn einen Zins in Form von Pfeffer bezahlen. Pfeffer war also damals derart wertvoll, dass er auch als Zahlungsmittel verwendet wurde.
Bild-Nr.: 07002
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Otto Müller / Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen
Blick vom Platz zwischen dem Gebäude Hauptgasse 17 und dem ehemaligen Restaurant "Linde".
In der Lücke zwischen dem markanten Mehrfamilienhaus der einstigen Milchgenossenschaft "Chäsiblock" links und der Scheune, die zum Restaurant „Weisses Kreuz“ gehört (-> siehe bruchstückhafte Inschrift rechts), zog sich einst der Ehgraben durch, ein Kanal, der das Abwasser aus dem Städtchen in den mit Wasser gefüllten Stadtgraben führte -> heute Gartengässli. Der Ehgraben verlief früher vom Alten Rathaus her hinter der südöstlichen Häuserzeile der Hauptgasse und unter der Kleinen Kirchgasse durch. Ein weiterer Ehgraben, von dem nichts mehr sichtbar ist, führte von der Bruggerstrasse her hinter hinter den nordwestlichen Häusern der Hauptgasse und unter der Scheunengasse durch ebenfalls in den Stadtgraben.
Am unverputzten Mauerstück in der linken Bildhälfte kann man die massive Dicke der Natursteinmauern der Bürgerhäuser (ehemalige ins Erdgeschoss der Städtliaussenfassade integrierte Stadtmauer) erahnen.
Zum kuriosen hölzernen Leiterli erzählt man sich folgendes: Im „Chäsiblock“ zog eine katzenfreundliche Familie ein. Die Mieter fertigten ihren Lieblingen diese Leiter an, damit sie ihren bevorzugten Auslauf im „Gartengässli“ ohne Gefahren erreichen konnten.
Bild-Nr.: 07012
Bild: Fotoarchiv Mellingen
Text: Madlen Zimmermann / Rainer Stöckli
Copyright: Fotoarchiv Mellingen