2006 - Die Abwasser-Reinigungsanlage - ein innovatives Bauwerk
Am Freitag, 28. April 2006 wurde im Beisein von Regierungsrat Peter C. Beyeler, Behörden- und Pressevertretern die Schlammtrocknungsanlage in der Kläranlage nach einer Bauzeit von knapp 10 Monaten eingeweiht. Sie wird als wegweisend für die ganze Schweiz bezeichnet.
Grund genug, sich die ganze Abwasser-Reinigungs-Anlage (ARA) etwas näher anzuschauen.
Angefangen hat es mit dem 1966 zwischen den Gemeinden Mellingen, Nieder- und Oberrohrdorf gegründeten Zweckverband zur gemeinsamen Sammlung und Reinigung ihrer Abwässer in einer zentralen Abwasser-Reinigungs-Anlage. Sie wurde in den Jahren 1973 bis 1975 errichtet.
Drei Jahre später kauften sich die Gemeinden Mägenwil, Wohlenschwil und Tägerig in die Anlage ein. Anfangs der 90er-Jahre zeichnete sich ab, dass die Kapazität der Anlage bald erschöpft sein werde und auch den verschärften Vorschriften bezüglich der ökologischen Verträglichkeit nicht mehr genügt. Die Gemeindeversammlungen der dem Verband angeschlossenen Gemeinden sprachen einen Kredit über 17,9 Mio. Fr. für den Ausbau der Anlage.
Im November 1994 wurde der Spatenstich vollzogen, am 9. Mai 1996 konnte im Rahmen einer kleinen Feier die Aufrichte gefeiert werden. Am 12. September 1998 fand vor 120 geladenen Gästen die Einweihung der Kläranlage «ARA Mellingen» statt.
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Der Reinigungsprozess verläuft in folgenden Stufen:
1. Die Rechenanlage, von der grobe Verunreinigungen abgefangen und der Entsorgung zugeführt werden.
2. Dem Längssandfang, eine Wanne, in der sich mitgeschleppter Sand absetzt, Öle und Fette
aufschwimmen und mechanisch vom Abwasser abgetrennt werden können.
3. Das Vorklärbecken wird der Länge nach langsam durchströmt, damit sich die im Wasser
befindlichen Trübstoffe absetzen und mit dem «Schildräumer» abgetrennt und als «Frischschlamm» der Schlammbehandlung zugeführt werden können.
4. Im Denitrifikationsbecken sorgen spezielle Mikroorganismen (Bakterien) im «Belebtschlamm»
dafür, dass Nitrate (Salze der Salpetersäure) zu Stickstoff reduziert werden, der als Gas
entweicht.
5. Im Belüftungsbecken wird der in Ammoniumverbindungen (z.B: Urin) enthaltene Stickstoff von
Mikroorganismen unter Zusatz von Sauerstoff zu Nitrat oxidiert (Nitrifikation).
6. Im Nachklärbecken setzt sich der bei der Belüftung entstehende Belebtschlamm ab und wird,
soweit benötigt, in das Denitrifikationsbecken zurückgeführt.
Der Rest wird nach einer Vorentwässerung, zusammen mit dem gesiebten Frischschlamm,
der Schlammbehandlung zugeführt.
7. Bei der chemischen Reinigung werden dem gereinigten Abwasser die noch vorhandenen
Phosphate durch Zusatz von Eisensalzen ausgefällt, bevor es der Reuss übergeben wird.
Das Wesentliche bei der Schlammbehandlung ist der Gär- oder Faulprozess, bei dem die im Schlamm enthaltenen organischen Stoffe unter anaeroben Bedingungen bei 38° C biologisch abgebaut werden. Die dabei entstehenden Faulgase sind reich an Methan (Erdgas) und werden als hochwertige Energieträger im Gasometer gesammelt.
Der zurückbleibende Faulschlamm wird im Stapler 1 eingedickt, im Stapler 2 mit den aus zwei Fremdanlagen angelieferten Klärschlämmen vermischt, auf einen Festkörperanteil von ca. 30 % entwässert, in der Niedertemperatur - Bandtrocknungsanlage getrocknet und als Granulat der Verbrennung zugeführt.
Was macht die ARA Mellingen nun zu einem innovativen Bauwerk?
Das gespeicherte Faulgas wird im eigenen Blockheizkraftwerk (BHKW) als Brennstoff eingesetzt, wobei ca.30 % der eingesetzten Brennstoffenergie als Elektroenergie und 60 % als Prozesswärme und zur Raumheizung genutzt werden. Damit können rund 50 % des Elektroenergiebedarfs der Anlage gedeckt werden. Die Wärme für die Schlammtrocknung wird zu 96 % von einer Wärmepumpe geliefert, welche die benötigte Wärmeenergie dem Abwasser der Kläranlage entzieht. 4 % kommen vom BHKW. Das ist schon bemerkenswert. Vorbildcharakter bekommt die ARA dadurch, dass die Schlammentwässerungs- und Trocknungsanlage eine überregionale Anlage ist, an der sich neun Verbände des Aargauer Reusstals mit insgesamt 16 Kläranlagen beteiligen. Diese bedienen 32 Gemeinden mit insgesamt 85 000 Einwohnern. Das Projekt «Überregionale Klärschlamm-Entsorgung Reusstal» hat sich als sinnvoll erwiesen, nachdem es ab 1. Oktober 2006 verboten ist, Abwasserklärschlämme auf landwirtschaftlich genutzte Flächen auszutragen. Da die Faulschlämme mit Wassergehalten von über 90% sowohl vor einer Deponierung, als auch für eine Verbrennung, massiv eingedickt werden müssen, bot sich die überregionale Lösung mit den zwei Entwässerungsstationen in den ARA Bremgarten und Mellingen und der zentralen Trocknungsanlage in Mellingen als sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvollste Variante an.
Bild-Nr.: 02307
Bild: Mellinger Chronik 2006/Johannes Schober
Text: Mellinger Chronik 2006/Johannes Schober
Copyright: Mellinger Chronik 2006/Johannes Schober
28.04.2006